Klein, Armin

Der exzellente Kulturbetrieb

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: VS Verlag für Kulturwissenschaften, Wiesbaden 2007
erschienen in: das Orchester 03/2008 , Seite 58

Dieses Buch ist nicht ohne. Gleich im Vorwort geht es zur Sache: „Der staatlich voll alimentierte Kulturbetrieb, der sich restlos auf die Erfüllung seines (wie immer definierten) ,kulturpolitischen Auftrags‘ konzentriert und sich in der Ablieferung eines qualitativ hochwertigen Produkts erschöpft, scheint ein Auslaufmodell zu sein.“ Autor Armin Klein ist neben Werner Heinrichs einer der bedeutenden Vordenker der noch immer jungen Kulturmanagementlehre. Mit seinem Buch versucht er, die aktuelle Situation der Kulturbetriebe zu skizzieren und anhand real vorhandener Bedrohungspotenziale Reaktionsmöglichkeiten auf die vielfältigen Herausforderungen zu finden. Es sei an der „Zeit, dass sich was bewegt“, wie es auch in der Überschrift des ersten Kapitels heißt; der Tod komme auf leisen Sohlen, Kultur und Kulturpolitik würden immer weiter marginalisiert, bloßes Sparen werde zum Politikersatz. Auf die so genannte „Baumolsche Kostenfalle“, also die immer weiter aufgehende Schere zwischen steigenden Kosten und kaum möglicher Produktivitätssteigerung im Kulturbereich, habe auch der eher strukturkonservative Kulturstaat Deutschland keine befriedigende Antwort.
Klein fordert daher im zweiten Kapitel einen „Neustart“ für den Kulturbereich, vor allem was seine Finanzierung und die (Selbst-)Definition seines gesellschaftlichen Stellenwerts betreffe. Vor allem brauche der öffentliche Kulturbetrieb der Zukunft ein echtes „Unternehmertum“. (Wo allerdings das dafür geeignete und womöglich spezifisch ausgebildete Leitungspersonal herkommen soll, verschweigt der Autor). Die Betriebe dürften nicht mehr nur angebotsorientiert, sondern müssten endlich besucherorientiert arbeiten. Dies sei in der Form einer öffentlichen Behörde mit der ihr eigenen Bürokratie nicht leistbar. Der Einsatz öffentlicher Mittel im Kulturbereich müsse zukünftig einer regelmäßigen Evaluation und Wirkungsmessung unterzogen werden.
Jede Kultureinrichtung müsse aus ihrer spezifischen Rolle heraus und auf der Basis umfassender Markt- und Potenzialanalysen ein strategisches Leitbild entwickeln. Dieses könne dann Basis für langfristig orientierte Zielvereinbarungen mit dem Rechtsträger bzw. den Zuwendungsgebern sein. Klein stellt fest, dass die gegenwärtigen Leitungs- und Organisationsstrukturen kaum geeignet seien, die Zukunftsprobleme der Kultureinrichtungen effizient zu lösen. Es müssten also entsprechende Lernprozesse in den Organisationen in Gang gesetzt werden, die vor allem auf eine höhere Mitarbeiterverantwortung, -beteiligung und -kommunikation setzen. In den drei letzten von insgesamt neun Kapiteln (plus Zusammenfassung und Literaturverzeichnis) behandelt Klein die aus seiner Sicht zukünftig erforderliche mehrdimensionale Kulturfinanzierung, die Schaffung neuer kreativer Allianzen und vertieft die Bereiche Controlling und Evaluation.
Die Qualität des Buchlektorats lässt leider teilweise zu wünschen übrig, auch wird öfters aus Sekundärliteratur (Tagespresse) zitiert als eigentlich nötig. Insgesamt ist das Buch aber allen zu empfehlen, die sich Gedanken über die Zukunft der Kulturbetriebe, nicht nur von Theatern und Orchestern, machen (müssen).
Gerald Mertens