Gruber, Gernot / Joachim Brügge (Hg.)
Das Mozart-Lexikon
Landauf, landab schlägt das Mozart-Jubiläumsjahr 2006 seine Veranstaltungswellen, und auch auf dem Buchsektor schwappt dem Musikfreund eine ganze Flut von Wieder- oder Erstveröffentlichungen entgegen. Zu den besonders ambitionierten Vorhaben unter den Neuerscheinungen gehört das im Laaber-Verlag erscheinende mehrteilige Mozart-Handbuch, das seinen Schwerpunkt auf geplante vier Werkbände setzt, während der fünfte Welt und Nachwelt erfassen soll und der sechste als Mozart-Lexikon firmiert.
Mit eben diesem abrundenden Schlussband eröffnete der Verlag die Publikationsfolge der Reihe. Bereits seit vergangenem Oktober liegt das von Gernot Gruber und Joachim Brügge herausgegebene Mozart-Lexikon vor, in dem über hundert Autoren nahezu erschöpfend Bescheid geben über Leben, Werk und Nachwirkung Wolfgang Amadeus Mozarts.
Sinn eines Lexikons ist der schnelle Zugriff auf Grundinformationen unter dem Aspekt nahe liegender Suchanfragen. Dem wird das Mozart-Lexikon gerecht, indem es zahlreiche Personalartikel bietet, wobei Sängerinnen und Sänger der Mozart-Zeit, komponierende Zeitgenossen, Verwandte, Bekannte und adlige Gönner dokumentiert sind, dazu schaffende Künstler und Interpreten aus späterer Zeit, die einen besonderen Bezug zu Mozarts Werk entwickelten. Gleichfalls erscheinen plausiblerweise als Stichworte jene Städte, in denen Mozart seine Tätigkeit entfaltete oder die er auf Reisen berührte. Um dem Lexikon über seine Eingebundenheit in die Handbuch-Reihe hinaus Eigenständigkeit zu geben, wurden zahlreiche Abhandlungen zu wichtigen Einzelwerken und Werkgruppen integriert; was speziell das Musiktheater betrifft, erhält der Leser sogar einen kleinen Mozart-Opernführer inklusive.
Der Benutzer findet Auskünfte oft in umfangreicheren Sammeltexten gebündelt, zu denen er durch Querverweise geführt wird. Wer etwa den Namen Cannabich sucht, wird auf Mannheim verwiesen, wer sich über die Rolle von Joseph II. kundig machen will, wird schließlich bei Habsburg-Lothringen fündig. Perfekt ist das System freilich nicht. Wer nach zweifelhaften oder unterschobenen Werken Mozarts fragt, greift ins Leere. Ob jedem klar ist, dass er unter Opera incerta hätte nachschauen müssen?
Umgekehrt wird der Leser beim Blättern manchem Eintrag begegnen, den er nicht gesucht hätte. Er wird über Deutsche Übersetzungen zu Mozarts Opern oder den von Psychologen diskutierten kognitiven Mozart-Effekt informiert, erfährt Wissenswertes über die Rezeption und die Mediale Präsenz Mozarts auf der ganzen Welt, über seine Spielleidenschaft und seinen Sprachgebrauch. Artikel über Glasharmonika und Flötenuhr leuchten auch Randbezirke von Mozarts uvre aus. Und selbst wer nach der Mozartkugel recherchiert, wird bedient: weitergeleitet in diesem Fall zum Stichwort Vermarktung. Dass der vorliegende Band nicht nur als Nachschlagewerk dienen kann, sondern passagenweise auch als Lesebuch, ist nicht sein schlechtester Aspekt.
Gerhard Dietel