Rasche, Jörg
Das Lied des Grünen Löwen
Musik als Spiegel der Seele
Ein Exkurs in die Welt der Alchemisten, der Komponisten, Psychotherapeuten und Musiker Autor Jörg Rasche hat dieses Buch mit vielen Informationen gespickt. Bequeme Zusammenfassungen der Kapitel oder knappe Thesen liefert er dem Leser allerdings nicht, man muss schon Seite um Seite die Gedanken Rasches, der sowohl Arzt als auch Pianist ist, in sich aufnehmen.
Ein wenig musikalische Sachkenntnis und Interesse an der psychologischen Seite der musikalischen Analyse muss jedoch vorhanden sein, wenn Rasche sich ganz in seinem Element fühlt: Darin ist eine Tonsymbolik enthalten: Das musikalische Subjekt (ein Thema heißt in der Musiksprache der Bachschen Zeit ,subjectum!) nimm seinen Ausgang von der Tonika, dem Hier und Jetzt, wendet sich nach oben zum Heiland, der in der Quinte symbolisiert ist, und steigt dann herab in den Urgrund. Den ganz großen musikalischen Bogen von den Sauriern über die Primaten bis zum Menschen, von der Antike bis in die Romantik, zieht Rasche hier. Vor allem die europäische Klavier- und Orgelmusik hat es ihm angetan und wird hier überwiegend angeführt kein Wunder, ist das Klavier doch sein Instrument.
Immer wieder erscheint der Grüne Löwe, ein altes Symbol der Alchemisten: Ich werde auf Analogien zwischen musikalischen und alchemistischen Strukturen in dieser Arbeit öfter zurück greifen, schreibt er schon zu Beginn. Schließlich widmet er dem Fabelwesen ein eigenes Unterkapitel: Der Grüne Löwe soll in diesem Buch zunächst wie eine Signatur die Rechnung offen halten in dem Balanceakt zwischen Musikerleben, Musikwissenschaft und Analytischer Psychologie.
Manchmal überwiegt deutlich die Perspektive des Psychotherapeuten, und der Nur-Musiker mag sich an Sätzen wie: Aus Maria ist hier eine Anima-Funktion geworden, die dem vom archetypischen Selbst zerstörten Ich-Komplex wieder aufhilft, delektieren. Tatsächlich ist alles, wenn man es im tatsächlichen Zusammenhang liest, immer recht verständlich und nachvollziehbar. Seine ganze Begeisterung für die Musik zeigen Sätze wie: Doch das Largo ma non tanto des Doppelkonzerts für zwei Violinen ist nicht von einem Menschen gemacht. Die beiden Violinstimmen sind wie eine Zwiegespräch Gottes mit sich selbst. Seis drum, es geht, wie Honig, runter.
Viele Notenbeispiele und Abbildungen illustrieren das Werk, das in jedem Fall Lust auf eine weitere Beschäftigung mit der Materie macht. Am Rande erläutert der Autor den Quintenzirkel, die Kontrapunktik und das Wort-Ton-Verhältnis in einigen Kompositionen. Eine etwas willkürliche Geschichte der Französischen Revolution anhand einzelner Geschehnisse leitet über zu Beethoven, der hier viel Raum einnimmt. Einige der hier besprochenen Werke sind als Audiodatei über den Verlag herunterzuladen. Anmerkungen, eine Literaturliste und die Titel der Musikbeispiele beenden das Buch.
Heike Eickhoff