Gustav Mahler

Das himmlische Leben

für Klarinette, Sopran und Klavier, eingerichtet von Klaus Simon, Klavierpartitur und Klarinettenstimme

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Universal Edition
erschienen in: das Orchester 04/2018 , Seite 63

Mahlers Verbundenheit zum romantischen Liedgut des 19. Jahrhunderts durchzieht sein Schaffen wie ein roter Faden. Der Volksliedsammlung Des Knaben Wunderhorn von Clemens Brentano und Achim von Arnim hat er sich in besonderem Maß gewidmet. In seinen ersten Symphonien sind mehrere dieser Lieder eingearbeitet, teils als Orchesterzitat, teils mit Verwendung der Singstimme.
Der Finalsatz der 4. Symphonie schließt mit dem Orchesterlied Das himmlische Leben. Dieser Liedtext geht auf ein Gedicht in fünf Strophen mit dem Originaltitel Der Himmel hängt voll Geigen. Bairisches Volkslied zurück. Mahler hat Das himmlische Leben bereits 1892 vertont und mit der Gattungsbezeichnung Humoreske versehen. Nachdem er die Aufnahme in die 3. Symphonie verworfen hatte, wurde das Lied zum Ausgangspunkt der Vierten. So bilden Inhalt und Melodie des Himmlischen Lebens die thematische Grundlage für die Symphonie G-Dur, die 1902 veröffentlicht wurde.
Die Einfachheit der Gliederung korrespondiert mit dem schlichten und volksliedartigen Duktus des Gedichts. Zur himmlischen Szenerie passend dominieren Instrumente mit weicher Klangfarbe. Die Holz­bläser sind vorwiegend Träger der Melodie und des anderweitigen motivisch-thematischen Materials. Die Streicher üben vor allem Begleitfunktion aus. Die Blechbläser sind durch das vergleichsweise weich klingende Horn vertreten. Nur an wenigen Stellen erscheint die Trompete, wenn auch lediglich con sordino. Das Schlagwerk zeigt sich ebenfalls zurückhaltend. Triangel, Schellen und Glockenspiel erzeugen innerhalb dieser Instrumentation markante, aber dennoch sanft wirkende Klangeffekte.
Die kleine Besetzung und kammermusikalische Anlage der Symphonie bietet sich besonders gut für eine Kammerbearbeitung an. Klaus Simon nutzt diesen Umstand in seiner Einrichtung des Himmlischen Lebens für Klarinette, Sopran und Klavier meisterhaft. Er schafft es, den lyrischen und feinen Charakter des Finalsatzes klar zu übertragen, den Notentext belässt er dabei weitestgehend im Original. Akzentuierung, Dynamik und Verzierungen werden sensibel angepasst, um die Balance zwischen der filigranen Gesangsstimme und der dezenten Begleitfunktion der Klarinette zu wahren.
Auch wenn der Orchestersatz im Original relativ dünn ist, liegt es in der Natur der Sache, dass im Klaviersatz nur ein Hauch des Farbenreichtums und Klangvolumens eines spätromantischen Orchesters abgebildet werden kann. Das durchsichtige Arrangement erhält die verschiedenen Facetten der paradiesischen Stimmung und bietet groß­zügig Raum, sie in der Besetzung als Trio musikalisch auszumalen.
Die Affinität Klaus Simons zu Mahlers Musik zeigt sich sowohl in seiner Tätigkeit als aktiver Musiker als auch als Arrangeur. So bearbeitete der Dirigent und Pianist bereits die erste, fünfte und neunte Symphonie für Kammerorchester. Man könnte meinen, dass er Mahlers Vorliebe für die Wunderhorn-Lieder teilt, denn sowohl diesen Liederzyklus als auch die vierte Symphonie richtete er für Kammerorchester ein.
Juliane E. Bally

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