Hesse, Corinna

Das Händel-Hörbuch

Eine klingende Biografie

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Silberfuchs Verlag, Kayhude 2009
erschienen in: das Orchester 06/2009 , Seite 64

Was eignet sich für die Biografie eines Musikers besser als ein Hörbuch? Das dachten sich wohl die beiden Verlegerinnen Corinna Hesse und Antje Hinz zum Händel-Jahr und machten sich daran, ein Händel-Hörbuch zusammenzustellen. Text, Musikzusammenstellung und Regie stammen von Corinna Hesse, Antje Hinz wirkte bei Produktion, Schnitt und Mischung mit. Herausgekommen ist ein ebenso seriöser wie poetischer wie unterhaltsamer Abriss von Georg Friedrich Händels 74 Lebensjahren plus einiger biografischer Daten seines Vaters – dessen Kunst als Wundarzt im Dreißigjährigen Krieg und Geschick als Geschäftsmann Sohn Georg nicht wenig für das Gelingen seiner Laufbahn als einer der ökonomisch erfolgreichsten Komponisten verdanken sollte. Erzählt wird das alles mit kräftiger, bewegter, aber nie sentimentaler Stimme von Dietmar Mues. Wer die CD einlegt, den erwarten 80 Minuten Hörvergnügen.
Über Händels Leben sind von ihm selbst nur wenige Details bekannt. Händel führte kein Tagebuch. Dennoch: Was Zeitzeugen über ihre Begegnungen und Erlebnisse mit Händel berichteten, das zeichnet schon ein recht profiliertes Bild von der Laufbahn des nach Henry Purcell zweiten „Orpheus britannicus“. Corinna Hesse hat daraus einen sachkundigen, engagierten, an Bildern reichen Text gemacht und ihn fast lückenlos mit Musik aus der jeweiligen Lebensphase Händels unterlegt. Sie verzichtet allerdings auf eine Erklärung der kompositorischen Eigenheiten, auf Musikwissenschaft also.
Statt dessen nutzt sie die Musikbeispiele, um an ihnen gesellschaftliche Verhältnisse, Händels eigenes Befinden oder den Zustand der Kunst zu reflektieren; sei es nun die Opernliebhaberei der römischen Aristokratie in einer Stadt, in der die Oper verboten war; Händels Anpassung an den Geschmack seiner englischen „Kunden“, mal aristokratisch, mal bürgerlich; oder seine Leistungen für eine wirklich bezwingende Umsetzung der Emotion in Musik. Stets sind die Beispiele treffend gewählt, geben Bekanntes wie die Feuerwerksmusik ebenso zu hören wie der Entdeckung Wertes wie die italienischen Kantaten und: Sie sind in der Interpretation auf der Höhe der Zeit. Alle Beispiele stammen aus Einspielungen aus der jüngeren Zeit, wurden mit alten Instrumenten aufgenommen und mit Solisten, die stilistisch mit den Anforderungen der Barockmusik umzugehen wissen.
Leider blieb kein Platz für eine genauere künstlerische Einordnung von Händels Werk im Vergleich mit seinen größten Zeitgenossen, Bach und Telemann. Und auch nicht im Vergleich seiner italienischen Kollegen, allen voran Alessandro Scarlatti, von denen er für seine Laufbahn so viel lernte. Aber als „Gesamtkunstwerk“ gelingt es diesem Hörbuch in seiner Kürze rundum, Händel als einen der genialsten, vielfältigsten und produktivsten Komponisten zu schildern und das Verständnis zu wecken, warum seine Musik so unerschöpflich und beglückend ist.
Laszlo Molnar