Wolf, Hugo / Hans Pfitzner
Das Fest auf Solhaug – Schauspielmusik / Das Fest auf Solhaug – Vorspiele
Hugo Wolfs Versuche, für die Bühne zu komponieren, waren bekanntermaßen von wenig Erfolg gekrönt. Seine einzige vollendete Oper Der Corregidor, in Mannheim erfolglos uraufgeführt, fand nie einen Weg in die Spielpläne der Opernhäuser, gelegentliche Aufführungen unterstreichen trotz der Qualität der Komposition eher die Probleme, die Bühnen mit der Oper haben, als dass eine Renaissance des Corregidors zu erwarten wäre.
Ein Musikdramatiker ist aus dem großen Liedkomponisten und glühenden Wagner-Verehrer trotz aller Anstrengungen nie geworden. Man kann die Schauspielmusik zu Henrik Ibsens Das Fest auf Solhaug, die einzige Auftragskomposition, die Hugo Wolf jemals angetragen bekam, durchaus als einen Teil des komplizierten und letztlich erfolglosen Wegs des Komponisten zur Bühne sehen. Ibsens Das Fest auf Solhaug, 1856 entstanden, gehört zu den frühen, heute so gut wie nie zu erlebenden Stücken des nordischen Dramatikers.
Im Gegensatz zu den gesellschaftskritischen späten Dramen Ibsens, die seinen Weltruhm begründeten, ist Das Fest auf Solhaug der Nationalromantik zuzurechnen. Wolfs anfänglicher Enthusiasmus anlässlich des Auftrags für das Wiener Burgtheater im Jahr 1890 gegenüber Oskar Grohe bemerkte er in einem Brief sogar, ich habe gar nicht übel Lust, eine Oper daraus zu machen erlahmte indes rasch. Das romantische Eifersuchtsdrama, das eng der Feen- und Berggeisterwelt Norwegens verhaftet ist, war sicher kein Sujet, das Wolf längere Zeit zu fesseln vermochte.
Dass die verzögerte Uraufführung am Wiener Burgtheater am 21. November 1891 kein Erfolg wurde, lag sicher auch an Wolfs Konzeption, der weder auf die musikalischen Möglichkeiten des Hauses noch der teilweise singenden Schauspieler entsprechende Rücksicht nahm. Auch eine spätere konzertante Aufführung 1892 unter der Leitung von Josef Schalk wurde kein nachhaltiger Erfolg.
Eine sehr werkdienliche Einspielung der kompletten Bühnenmusik nebst einer Fassung des Ibsenschen Schauspiels von Christoph Schwandt aus dem Jahr 2005, die aber auf der für heutige Ohren etwas bemüht archaisierenden Übersetzung von Emma Klingenfeld von 1888 basiert, ist jetzt bei Capriccio erschienen. Günter Lamprecht ist ein gewohnt überzeugender Erzähler der Zwischentexte. Unter der kompetenten Leitung von Helmuth Froschauer musiziert das WDR Rundfunkorchester mit Klangwucht und Sinn für Details, auch wenn Froschauer sicher nicht der temperamentvollste Sachwalter Wolfs ist. Bei der farbenreich-aufwändigen Instrumentierung der Bühnenmusik wird im Nachhinein deutlich, dass der Uraufführung mit den begrenzten musikalischen Mitteln des Burgtheaters kein Erfolg beschieden sein konnte. Ebenso wie das WDR Rundfunkorchester Köln zeigt sich auch der von Jörg Ritter einstudierte WDR Rundfunkchor Köln bei den Chorsätzen Wolfs als nachdrücklicher Sachwalter des Komponisten. Mechthild Georg singt die anspruchsvolle Ballade Margits, Bergkönig ritt durch die Lande weit, mit Kraft und Überzeugungsvermögen und dramatischer Spannkraft, ebenso kann der Bariton Yoo-Chang Nah überzeugen, auch wenn die an ihn gestellten Anforderungen nicht ganz so hoch sind.
Eine interessante Abrundung erfährt die Capriccio-CD durch eine dreiteilige Suite des jungen Hans Pfitzner, der diese in den Jahren 1889/90 ebenfalls als Bühnenmusik für Ibsens Das Fest auf Solhaug schrieb. Froschauer und sein Kölner Orchester setzen sich mit delikaten Orchesterfarben für die programmatisch bestimmte Musik Pfitzners ein. Mehr als eine nur sinnvolle Repertoireerweiterung.
Walter Schneckenburger