Werke von Pablo de Saraste, Alan Thomas, Mauro Giuliano und anderen

Cuentos de Opera

Arie Duo: Anita Farkas (Flöte) und Carlos Navarro (Gitarre)

Rubrik: CDs
Verlag/Label: GWK Records
erschienen in: das Orchester 09/2019 , Seite 68

Populäre Opernmelodien in loser Reihenfolge, als Potpourris oder als Fantasien mit eigenen Ideen der Zweitautoren ergänzt, waren bis über die Mitte des 19. Jahrhunderts hinaus sehr beliebt, vor allem bei Dilettanten. Deshalb entstanden zahllose Einrichtungen, meist für Flöte oder Violine mit Klavier, oder, weil verbreitet und praktisch, stattdessen mit Gitarre. An dieser Praxis hat sich auch das Arie Duo mit der ungarischen Flötistin Anita Farkas und dem peruanischen Gitarristen Carlos Navarro orientiert, indem es seiner Musikauswahl den wohl mit Opern-Erzählungen zu übersetzenden Titel gab.

Den Rahmen des zeitlich und inhaltlich weit gespannten Programms bilden die Bearbeitungen von Musik aus der Oper Carmen von Bizet, die zwei etwa gleichaltrige Instrumentalisten zu virtuosen Fantasien anregte. Die Carmen-Fantasie op. 25 von Sarasate, ursprünglich für Violine und groß besetztes Orchester komponiert, bedeutet insbesondere für die Flöte eine echte Herausforderung und gibt dem Duo reichlich Gelegenheit, seine Virtuosität voll auszuspielen. Im Vergleich dazu scheint die Fantaisie brillante sur Carmen des Flötisten François Borne schon fast eine Erholung. Normalerweise mit Klavier zu hören, wirkt sie mit Gitarren-Begleitung hier sogar besonders authentisch.

Zwei moderne Auftragswerke für das Duo führen dann in die Gegenwart, auch wenn der amerikanische Gitarrist und Komponist Alan Thomas sich bei seiner ausgesprochen gut gelaunten und im Zusammenwirken der beiden Instrumente besonders gelungenen Kombination bekannter Melodien von Johann Strauss mit voller Absicht an den Fantasien des 19. Jahrhunderts orientiert hat. Seine Fantasy on Themes from „Die Fledermaus“ könnte man daher fast für ein Originalwerk aus der Entstehungszeit der Operette halten.

Musikalisch deutlich anspruchsvoller sind die Estructuras sobre El Condor Pasa des peruanischen Gitarristen Pedro Rodriguez Chirinos, deren Thema sehr wohl auch Bezug zu einem Bühnenwerk hat, nämlich zu einer Zarzuela als der spanischen Form der Operette, in diesem Fall zu einer peruanischen. Die in aphoristischer Kürze und schnell wechselndem Ausdruck gestaltete Komposition endet ein wenig überraschend mit einem kleinen Fugato. Gearbeitet ist sie, wie der Titel es nahe legt, mit kontrastierenden Strukturen und klanglichen und instrumentalen Effekten, so z. B. der Verwendung der Anblastechnik der Andenflöte. Beide Werke, Estructuras und Fantasy, seien als echte Bereicherungen des nicht allzu großen Repertoires für Flöte und Gitarre zum Nachspielen empfohlen.

Gegenüber diesen vier ausgesprochen virtuosen Kompositionen wirkt das etwa 200 Jahre früher entstandene dritte Originalwerk für Flöte und Gitarre, das Grand Potpourri op. 126 des Gitarristen Mauro Giuliani, vielleicht ein wenig verloren, verweist aber durch seine auch heute noch unmittelbar berührende Musiksprache auf die Herkunft des Repertoires aus dem häuslichen Liebhabermusizieren.

Ursula Pešek