Lussier, Mathieu

Courtisanes. Triptychon für Flöte und Klavier op. 30 / Introduction et Sicilienne für Klarinette und Klavier op. 33

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Accolade, Warngau 2013
erschienen in: das Orchester 02/2014 , Seite 72

Der erst 40-jährige Mathieu Lussier gilt als „vielseitiger und wissbegieriger Musiker“, der sich, so das knappe, deutsch-französische Vorwort, „leidenschaftlich und mit viel Energie für das Fagott als Soloinstrument“ einsetzt. Weiterhin ist Lussier als Solist in mehreren Kammerorchestern tätig, mit denen er bislang zahlreiche barocke Fagottkonzerte einspielte. Außerdem wirkt er u.a. seit 2007als künstlerischer Leiter des Ensembles „Pentaèdre de Montréal“ und ist derzeit Conductor in Residence von
„Les Violons du Roy“. Aber auch als Komponist hauptsächlich von Kammermusikwerken hat sich Lussier mit inzwischen mehr als 30 Werken einen Namen gemacht, erst vor Kurzem mit einem Doppelkonzert für Trompete, Fagott und Streichorchester. Ein Mann also mit besten Reputationen.
Nun sind erst jüngst gleichzeitig zwei weitere Opera von ihm im Warngauer Musikverlag Accolade erschienen: Einmal das Triptychon für Flöte und Klavier op. 30 mit dem Titel Courtisanes. Leider geht das Vorwort nicht explizit darauf ein, worauf der Komponist mit den jeweiligen Überschriften zielen möchte. Und so charakterisiert die Satzfolge Langsam-Schnell-Schnell drei erlauchte Damen, von denen die erste (La Romanichelle – Die Zigeunerin) 1810 in Paris wirkte, die zweite (La Mondaine – Die Frau von Welt) ebenfalls aus Paris kommt, jedoch aus dem Jahr 1920, und die letzte (La Victorienne – Die Siegreiche) 1910 in London beheimatet war. Dabei bleibt es fraglich, ob Lussier tatsächlich lediglich drei Kurtisanen im Sinn hatte. Aus der Musik selbst, welche jedoch nicht den jeweiligen Zeitstil widerspiegelt, geht wenig hervor: Kontemplativ erscheint der Kopfsatz, leicht verspielt der Mittelsatz mit seinem etwas stereotyp anmutenden Thema; der Finalsatz, ein relativ knapper Walzer, nimmt die Thematik des vorigen auf und endet etwas versonnen wie er begann. Die Flöte hat selbst für einen guten Laien technisch lösbare Aufgaben, ist als insgesamt mittelschwer einzustufen.
Der Klavierpart erfordert ebenso keine virtuose Spielpraxis, jedoch erscheint er auf dem ersten Blick einfacher als jener der Introduction et Sicilienne für Klarinette und Klavier, das andere Stück Lussiers mit der Opuszahl 33, worin die schwungvollen, allerdings reizarmen Zweiunddreißigstel („Un peu plus allant“) nicht nur den Pianisten zunächst furchteinflößend anblicken. Motivisch ist es sogar verwandt mit dem zweiten Satz der Courtisanes, ein Thema, das dem Tonkünstler wohl wie ein Ohrwurm im Hirn herumspukte. Jedoch wird dies kaum jemand bemerken, es sei denn, beide Werke erklingen nacheinander im selben Konzert. Bis auf das französisch und etwas trocken anmutende Sicilienne wird die Klarinette auch am Ende hin „Langsam und frei“, indes wenig stimmungsvoll behandelt. In einem Rezitativ und einem harmlosen Feuerwerk mit weiteren Zweiunddreißigstel kann sich der Interpret noch einmal virtuos zeigen. Insgesamt aber eine etwas spröde Musik, die manchmal zu gewollt daherkommt.
Werner Bodendorff