Concertos for Four Horns
Werke von Robert Schumann, Georg Friedrich Händel, Georg Philipp Telemann und Josef Haydn
Auf den ersten Blick finden sich auf dieser CD tatsächlich vier Konzerte für vier Hörner. Immerhin übernehmen diese bei allen Werken eine entscheidende Rolle. Sieht man genauer hin, dann ist neben dem berühmten Schumann-Konzert vielleicht noch Händels Concerto F‑Dur (dem zum Teil die Ouvertüre der Feuerwerksmusik zugrunde liegt) als Hornkonzert zu bezeichnen, keinesfalls jedoch Telemanns Alster-Ouvertüre oder gar Haydn-Sinfonie Nr. 31 D‑Dur, die den Titel Horn Signal trägt.
Solche Anmerkungen mögen spitzfindig klingen, doch die Neueinspielung des renommierten American Horn Quartet macht mit ihrem Titel Concertos for Four Horns einfach falsche Versprechungen. Die Zahl der echten Konzerte für vier Hörner ist nämlich rar und sensationelle Neuentdeckungen gibt es hier nicht zu vermelden. Vor diesem Hintergrund reduziert sich der Repertoirewert der Aufnahmen aus dem Jahr 2003 deutlich, denn alle Werke sind schon mehrfach eingespielt worden.
Was aber leistet das American Horn Quartet, dessen Mitglieder allesamt in Mitteleuropa sesshaft geworden und bei führenden Orchestern tätig sind? Nun, die hornistischen Qualitäten des nicht mehr ganz jungen Exilanten-Ensembles sind zweifellos herausragend. Das Maßstäbe setzende Schumann-Konzert spielen die Amerikaner aus einem Guss und ebenso überzeugend wie einst Hermann Baumann und seine Mitstreiter, ja die Balance zwischen den vier Stimmen gelingt noch besser. Strahlende Töne im ewigen Schnee des Hornregisters, Schwindel erregende Akkordbrechungen, serviert mit der Präzision einer Nähmaschine alles kein Problem für Kerry Turner, Charles Putnam, David Johnson und Geoffrey Winter. Auch die Sinfonia Varsovia spielt unter Leitung von Dariusz Wis?niewski engagiert, sensibel und mit Feuer.
An virtuosem Einsatz, fantasievollen Verzierungen und eleganten Schlenzern mangelt es auch dem Händel-Konzert und der (hier nicht kompletten!) Alster-Ouvertüre von Telemann nicht. Doch für eine heute noch überzeugende Interpretation spielt das American Horn Quartet einfach die falschen Instrumente moderne Ventilhörner nämlich, die sich erst im fortgeschrittenen 19. Jahrhundert vollends durchsetzten. Ähnliches gilt für die modern instrumentierte Sinfonia Varsovia. Wer den ungleich reizvolleren Originalklang nachhören möchte, sollte die Aufnahme mit der Akademie für Alte Musik Berlin zur Hand nehmen. Auch Haydns 31. Sinfonie hat man schon überzeugender gehört (vergleiche die Einspielung von Nikolaus Harnoncourt), wenngleich das polnische Orchester im zweiten Satz mit einem außergewöhnlich schönen Violinsolo aufwartet.
Das Booklet schließlich ist, wie beim Niedrigpreis-Label Naxos üblich, sparsam ausgestattet. Für deutschsprachige Künstlerbiografien hätte es dennoch reichen sollen. Und das Naturhorn auf dem Titel führt den potenziellen Hörer noch einmal in die Irre.
Johannes Killyen