concerto piccolo

Werke von Vivaldi, Schulhoff, Stephenson, Mower, Waterhouse

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Berlin Classics 0017892 BC
erschienen in: das Orchester 02/2007 , Seite 92

Den Namen Vivaldis als ersten auf eine CD mit Flötenkonzerten zu setzen, kann ebenso gut wie schlecht sein: Gut, weil sein Œuvre etabliert und anerkannt ist; schlecht, weil es davon schon so viele teilweise sehr gute Einspielungen gibt. So sei die Frage gestattet: Was hat diese Einspielung, das die anderen nicht haben? Nun, diese Frage ist leicht zu beantworten: Neben musikalisch erstklassiger Verve hat sie noch exquisite selten zu hörende Konzerte mit im Gepäck, deren Studium sich ausgesprochen lohnt. Und das Ganze wird von einem hoch motivierten Ensemble musiziert, das sich keineswegs im sterilen „Wie-üblich“ perfektioniert.
Gudrun Hinze ist es gelungen, der Piccoloflöte einen neuen Konzertraum im Solofach zu erspielen. Nun ist das Piccolo nicht bei allen beliebt: „Jeder Ton auf dem Instrument ist laut und deutlich zu hören. Manche denken, je größer ein Instrument, desto lauter sei es, das Gegenteil trifft aber zu. […] Die kleineren machen gewöhnlich mehr Krach.“
Der „Krach“, von dem James Galway im lockeren Plauderton spricht, findet nicht statt: Gudrun Hinze spielt virtuos, bezwingend und souverän. Fein ausdifferenziert klingt bei ihr und ihren Mitstreitern selbst Vivaldi nahezu unerhört neu. Von überspringender Verve berührt horcht man auf bei den Klängen von Allan Stephensons Concertino für Piccolo, Streicher und Cembalo, gewahrt filmmusikalische Kompositionstechniken gleichermaßen wie Folk-Rhythmen und kann sich der lebensfrohen Interpretation des Ensembles nicht entziehen.
Und so ergeht es einem beim Hören der gesamten klangtechnisch bestens betreuten Aufnahme: Die Freude am Musizieren des Ensembles – Mitglieder des Gewandhausorchesters Leipzig – unter der Leitung von Henrik Hochschild springt im freien Funkenflug über. Fasziniert lauscht man Erwin Schulhoff, hört die vertrackte, gleichsam Haken schlagende Virtuosität und Coolness bei Mike Mower, das verspielte Klangausloten im kammermusikalischen Dialog bei Graham Waterhouse und immer wieder ein wahrhaft meisterlich gespieltes Piccolo, das auch in lyrischen Passagen zu überzeugen vermag. Gudrun Hinze zeigt eine so reiche Klangfarbenpalette ihres Instruments, dass man sich fragt, wie man den Ton je als scharf und schneidend hat empfinden können. Darüber hinaus bietet die CD eine klanglich Maßstäbe setzende Möglichkeit, in den Ersteinspielungen von Stephenson, Mower und Waterhouse faszinierende Musik zu entdecken!
Christina Humenberger