Rieding, Oscar
Concerto e-Moll op. 35
für Viola und Klavier
Die Liste der Konzertliteratur für Viola ist nicht umfangreich. Vor allem fehlt es an musikalisch überzeugenden und zugleich spieltechnisch nicht allzu schwierigen Kompositionen für den Unterricht und das Schülerkonzert. Oscar Rieding (1840-1918), der in Budapest als Geiger und Komponist lebte, schrieb eine große Zahl von Violinkonzerten, die vielen jungen Geigern einen Einstieg in die Konzertliteratur vermittelten, etwa auch dem jungen Itzhak Perlman, der später das h-Moll-Konzert auf CD einspielte. Johanna Jonas bearbeitete dieses Konzert für Viola, das nun eine Quint tiefer in e-Moll steht. Spieltechnisch stellt das Werk keine allzu hohen Ansprüche. Der Umfang geht nie über die in der 1. Lage erreichbaren Töne hinaus. Die Harmonik hält sich in den Grenzen der Tonalität, sodass die Intonation nicht allzu kompliziert ist.
Doch das Konzert ist wiederum auch nicht so einfach, dass es nicht die jungen Musiker fordern würde. Der Finalsatz, das Allegro moderato, verlangt mit seinen Sechzehntelfiguren und Saitenwechseln schon einige Virtuosität, wird er in einem angemessen schnellen Tempo gespielt. Vor allem aber, und das ist sicherlich der Grund für den Erfolg des Violinkonzerts, gelang es Rieding, eine melodisch eingängige, rhythmisch höchst interessante Musik zu schreiben, die in der einfühlsamen Bearbeitung von Johanna Jonas ideal für die Viola ist. Ein e-Moll und der damit verbundene wehmütige Klangcharakter kommen der sonoren Klangfarbe der Viola entgegen. Die Saiten der Viola, die ja auch jeweils eine ganz charakteristische Klangfarbe haben, werden hier wirkungsvoll eingesetzt.
So fällt das Thema des 1. Satzes von der A- bis zur C-Saite hinab, was dem Spieler die Möglichkeit gibt, sein Instrument als Sopran, Alt, Tenor und Bass zur Geltung zu bringen. Neben dem lyrisch-melancholischen Legato des Anfangs wird im 2. Thema risoluto ein beherztes Staccato gefordert. Das Andante ermöglicht ein weiches, romantisches, schattierungsreiches, singendes und leidenschaftliches Spiel. Mit seiner Chromatik bedarf es eines feinen Gehörs. Außerdem kann hier die Veränderung des Klangvolumens trainiert werden: Der Satz fängt piano an, um sich in der Mitte bis zum forte zu steigern. Im bereits erwähnten Schlusssatz geht es vor allem um rhythmische Prägnanz, die gerade jungen Leuten Spaß macht. Durch Akzente sind in den Noten Betonungen angegeben, die für einen spritzig-mitreißenden Vortrag unerlässlich sind.
Dieses Konzert besitzt trotz spieltechnischer Einfachheit eine anspruchsvolle Palette für den Einsatz von Bogentechnik und Ausdruck. Beherrschen die jungen Spieler dies, werden sie es mit Freude vorspielen und dabei beim Schülerkonzert gewiss auch Beifall erhalten.
Franzpeter Messmer