Callhoff, Herbert

Concerto da camera (2008)

für Klarinette, Bassklarinette und Kammerensemble, Partitur (Aufführungsmaterial leihweise)

Rubrik: Noten
Verlag/Label: edition gamma, Bad Schwalbach 2009
erschienen in: das Orchester 01/2011 , Seite 71

Der 1933 geborene Komponist Herbert Callhoff hat lange Jahre in Düsseldorf an der Robert-Schumann-Hochschule und ihren Vorläufern gewirkt. Begonnen hat seine musikalische Laufbahn zunächst als Kirchenmusiker. Seine Kompositionslehrer waren Siegfried Reda und Jürg Baur. Seit seiner Emeritierung 1998 ist sein kompositorisches Œuvre zahlreicher und vielfältiger geworden. Zunächst hatte er überwiegend geistliche Werke komponiert, sich dann aber immer intensiver neben einigen Orchesterwerken der Kammermusik gewidmet. So kann er heute auf sieben Streichquartette verweisen und in den vergangenen Jahren zunehmend auf Werke für gemischte und nicht standardisierte Besetzungen. Die Klarinette stand schon einmal in den Tre Dialoghi von 1984/85 solistisch – begleitet von einem Kammerorchester – im Blickpunkt, dann auch in dem Trio misto (1995) zusammen mit Violoncello und Klavier sowie in zwei Trios mit Schlagzeug und Klavier.
In seinem neuesten Kammerkonzert benötigt der Solist sowohl die B- als auch die Bassklarinette, die im ersten Satz alternierend eingesetzt werden, während der zweite Satz auf der B-Klarinette und der dritte Satz auf der Bassklarinette gespielt wird. Große Erfahrung mit den neuesten Spieltechniken, von Viertelton-Tonfolgen über Slap-Tongue bis zur Doppelzunge sowie geräuschhaften Klängen, sind die Voraussetzung, den klanglich sehr differenzierten und anspruchsvollen Solopart zu bewältigen.
Das mitagierende Kammerensemble ist sehr kontrastreich besetzt: Die Querflöte, alternierend mit Piccoloflöte, und das Fagott (das in der Besetzungsliste nicht verzeichnet ist) vertreten die Holzbläser, ebenso aufgespalten in der Klanglage sind die Blechbläser mit Trompete und Posaune. Hinzu kommt ein Streichtrio, das Klavier und ein von zwei Spielern zu bewältigender Schlagzeugpart mit diversen Fellinstrumenten, Vibrafon, Xylofon, Röhrenglocken und anderem.
Das Kammerkonzert zeigt in seiner kompositorischen Anlage ein ausgeprägtes Formbewusstsein. Callhoff gliedert die Musik in kleinen Einheiten, die auch durch viele Tempowechsel hervorgerufen werden, sodass der Eindruck des Improvisatorischen oder des Flüchtigen entsteht. Dennoch hat er der Musik Zusammenhalt verliehen. Immer wieder treten im Ensemble die gleichen Zweiklänge auf: z.B. Nonen (d/es), große Septimen (d/cis) und deren Komplementärintervalle, die für eine gewisse Stabilität im Harmonischen sorgen. Außerdem sind in der Partitur vielfältige motivische Beziehungen eingewoben. Insgesamt ist das Klangbild sehr durchsichtig und vermeidet Klangballungen.
Nach circa siebzehn Minuten verklingt das filigran gestaltete Concerto da camera nach einer deutlichen Verdichtung des musikalischen Geschehens und einer alle Effekte nutzenden Kadenz der Bassklarinette im dritten Satz ebenso leise und zart, wie es begonnen hat.
Heribert Haase