Müller, Christian Gottlieb

Concertino in Es

für Bassposaune und Orchester op. 5, Urtext, hg. von Nick Pfefferkorn, Partitur/Klavierauszug

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Pfefferkorn, Leipzig 2012
erschienen in: das Orchester 02/2013 , Seite 62

Der Name Christian Gottlieb Müller ist nicht unbedingt der erste, der einem auf der Zunge liegt, wenn man danach gefragt wird, wer romantische Konzerte für die Posaune geschrieben hat. Meistens erklingen landauf, landab in den Musikhochschulen, bei Probespielen und in Solokonzerten die „üblichen Verdächtigen“: die Konzerte von Ernst Sachse und Ferdinand David.
Der Musikverlag Pfefferkorn mit Sitz in Leipzig hat sich nun um eine Wiederveröffentlichung des Concertinos in Es für Bassposaune und Orchester von Christian Gottlieb Müller (1800-1863) verdient gemacht. Müller, im sächsischen Niederoderwitz geboren, erhielt Geigen- und Klarinettenunterricht und war Kompositionsschüler von Louis Spohr und Carl Maria von Weber. Er selbst unterrichtete Richard Wagner in Harmonielehre und Dirigieren und Robert Schumann in Instrumentation. Für seinen langjährigen Freund und Kollegen, den Posaunisten Karl Traugott Queisser, schrieb er das 1832 bei Breitkopf & Härtel erschienene Concertino in Es, welches bis Mitte des vergangenen Jahrhunderts mancherorts als Probespielstück verlangt wurde.
Der noch junge Verlag Pfefferkorn hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Werke von Eduard Franck (1817-1893) sowie seines Sohnes Richard Franck (1858-1938) der heutigen Musikwelt in hochwertigen Notenausgaben vorzulegen. Außerdem finden sich im kleinen, aber feinen Verlagsprogramm zum Beispiel Werke von Friedrich Schneider (1786-1853) neben großen Namen wie Schumann, Tschaikowsky und einigen zeitgenössischen Komponisten, denen der Verlag mit gut recherchierten Vorworten, sauberen editorischen Anmerkungen und benutzerfreundlichem Notenbild (beispielsweise gut gelösten Wendestellen) den Zugang zu den Konzertsälen öffnen bzw. wiedereröffnen möchte.
Dass es sich bei dem hier vorliegenden, etwa 15-minütigen Concertino in Es um ein ernst zu nehmendes, hoch anspruchsvolles und virtuoses Stück handelt, zeigt bereits die rezitativisch gehaltene Einleitung, welche dem Solisten technisch und musikalisch einiges abverlangt. Die Solostimme bietet vielfältige Möglichkeiten in Sachen Dynamik und Agogik, und an einigen Stellen lässt sich Müllers Vorbild Beethoven erahnen.
Im weiteren Verlauf des Werks mit den Sätzen Adagio sostenuto und Allegro bewegt sich das Concertino waghalsig von der Kontralage bis hoch in das zweigestrichene Register und dürfte dadurch nicht nur Bassposaunisten Freude bereiten. Neben dem großen Tonumfang sollte der Solist in Sachen Virtuosität, Verzierungen und Mut zur hochromantischen und freien musikalischen Gestaltung sehr geübt sein. In der Rezension der Allgemeinen Musikalischen Zeitung Leipzig von 1832 wird sogar Folgendes empfohlen: „…zu dessen öffentlichen Vortrage sich daher nur wahrhafte Meister entschließen sollten. Die Übrigen aber mögen es benutzen, im Stillen, das heißt unbelauscht von erwartungsvollen Hörern, ihre Kräfte daran zu versuchen und zu erstärken…“
Man darf also gespannt sein, wer sich in der heutigen Zeit an eine Wiederaufführung oder eine Aufnahme dieses Werks macht.
Kristin Thielemann