Werke von Hasse, Fasch, Pfeiffer und anderen
Concertare – Abseits vom Mainstream
Caterva Musica, Ltg. Olaf Reimers
Concertare Abseits vom Mainstream ist für eine CD mit Alter Musik ein ungewöhnlicher Titel. Mainstream gab es im 18. Jahrhundert, aus dem die Werke dieser Einspielung stammen, noch nicht. Gewiss war Johann Adolph Hasse zu seinen Lebzeiten ein Star, doch die Kenntnis seiner Musik war im Wesentlichen auf seine Wirkungsstätten, also auf Neapel, Venedig, Dresden und Wien, begrenzt. Heute freilich ist er viel weniger bekannt als Johann Sebastian Bach oder Georg Friedrich Händel.
Mainstream ist also ein Ergebnis von moderner, durch die Medien geprägter Massenkultur. Diese CD dagegen bietet die Möglichkeit, heute ziemlich unbekannte Komponisten des Barock zu entdecken: Johann Friedrich Fasch, Johann Pfeiffer, Wilhelmine von Bayreuth und Georg Österreich. Die Musik des am wenigsten bekannten dieser Komponisten überzeugt am meisten: Georg Österreichs Geistliches Konzert für Tenor, Trompete, Streicher und Basso continuo fesselt durch die Intensität, mit der hier Gefühle dargestellt werden, durch die Klarheit der Melodie und Rhythmik und das spannungsvolle Gegenüber von Solostimme und Instrumenten.
An dieser vorzüglichen Wirkung hat vor allem der Tenor Georg Poplutz einen großen Anteil: Er verwirklicht barocke Klangrede, indem er jeden Ton anders gewichtet, anders färbt und Gleichlauf oder eine mechanische Virtuosität stets vermeidet. So ist der Hörer hier bei jedem Ton gefesselt, was man bei den anderen Kompositionen nicht immer behaupten kann. Da macht sich doch des Öfteren ein Abstand zu den ganz Großen, den Mainstream-Komponisten Bach oder Händel, bemerkbar. Braves Handwerk, aber nicht eine existenziell berührende Hörerfahrung scheinen hier vorzuliegen.
Doch vielleicht liegt das auch bisweilen am Ensemble, das gewiss den transparenten Klang der alten Instrumente und die historische Aufführungspraxis hervorragend beherrscht, aber manchmal in der Artikulation, in der Abschattierung der Tongebung, in der Darstellung von musikalischem Sinnzusammenhang, im Ernstnehmen eines jeden Tons oder Klangs die Lebendigkeit der Klangrede vermissen lässt, die der Tenor Georg Poplutz so großartig vergegenwärtigt. Da gibt es wunderbare Dialoge zwischen den konzertierenden Instrumenten, ein federnd nerviges Basso-continuo-Spiel der Cembalistin Sigrun Stephan und des Organisten Michael Goede, ein Aufblühen des Klangs der Barockvioline von Elke Fabri und des fünfsaitigen Violoncellos von Olaf Reimers; der klare Trompetenton von Nigel Paul ist eine wahre Freude. Doch dann erklingen Läufe, die allzu mechanisch gespielt werden, Verzierungen, die nicht sinnhaft als Teil der Klangrede eingesetzt werden, und Melodien, die durch allzu viel Legato eine detaillierte Artikulation verwischen.
Diese CD ist an vielen Stellen sehr schön und bewegend, insgesamt aber könnte das Plädoyer für Barockmusik jenseits des Mainstreams überzeugender sein.
Franzpeter Messmer