Rogl, Helmut
Complete Cello Works so far
Eine CD-Produktion ihres Gesamtwerks für Cello, samt Umschlag und Hochglanzbooklet, das hätten viele deutsche Komponisten zweifellos gern. In Österreich werden solche Projekte seitens des Staates oft unterstützt. Zu diesen zählt auch die bei Paladino Music erschienene CD Complete Cello Works so far von Helmut Rogl, eingespielt von dessen langjährigem künstlerischen Weggefährten und Freund Martin Rummel.
Kulturpolitik ist bei solchen Maßnahmen gezwungen abzuwägen zwischen der Förderung innovativer Künstler und dem Vorbeiarbeiten an einem Publikum, das häufig nicht auf Diskurshöhe der Künstler ist und nur schwierig Zugang findet. Bei Rogl stellt sich das vielleicht anders dar: Seine Musik fundiert auf solider Technik in Polyfonie, Harmonie und Stimmführung, mit deren Hilfe er den Hörer zum Hinhören lockt und nicht selten dann sofort in die Irre führt. In vielen Passagen hat man das Gefühl, es werden Türen aufgestoßen, die gleich darauf zugeschlagen werden oder ohne Rast zu neuen Türen führen.
Neben solch verspielter Technik finden sich Stücke schlichter Ruhe, beispielsweise das die CD eröffnende Lamento, das seine anrührendsten Momente in der Öffnung zum Dur hat, oder die Meditation für Cello und Akkordeon. In der Meditation verdichtet Rogl intensiv die Klänge beider Instrumente, getragen vom buchstäblichen Atmen des Handzuginstruments.
Verdichtung ist auch das Schlagwort der drei Miniaturen für Cello solo, jeweils nur einige Sekunden kurz und Rogls erstes Cellowerk. Das Vorhaben, maximale Expression auf knappste Zeit zu komprimieren, ist ihm und Rummel dabei allerdings nicht ganz gelungen, auch wenn alle drei Stücke charaktervolle Klangversuche sind.
Martin Rummel, für den einige der Stücke komponiert sind, spielt mit holzigem, unbequemem Ton, Nebengeräusche wie lautes Atmen scheinen dabei gewünscht zu sein. Die Interpretation ist nicht nur technisch hervorragend, sie steht beispielsweise dem mit viel Bläsern und Percussion besetzten Kammerorchester im dreisätzigen Concerto an Biss nicht nach. Florian Feilmair setzt als Pianist im Lamento und in In Memoriam Sir Vincent Scott mit klanglicher Klarheit einen Kontrapunkt zu Rummels eher nebulösem Spiel. Klare musikalische Rollenverteilungen gibt es trotzdem nicht. Wie Kammermusikfreunde es lieben, greifen die Stimmen kaum merklich und raffiniert ineinander über und spielen sich die Klangfarben zu.
Die Stärken von Rogls Musik leuchten deshalb in der Mehrstimmigkeit stärker auf als in solistischen Stücken, neben den erwähnten Werken zum Beispiel auch im Life Radio Rag, einem Ragtime für Klavier und Cello mit Anleihen aus klassischen Satztechniken.
Dass Rogl mit seiner gut zugänglichen Raffinesse unter anderem für seine Arbeit als Filmkomponist und Komponist elektronischer Musik bekannt ist, ist nicht unbedingt verwunderlich. Und vor diesem Hintergrund ist auch die staatliche Förderung entsprechender Projekte verständlich, wenn auch nicht gerade mutig.
Vera Salm