Gunnar de Frumerie

Clarinet Concerto / Piano Concertino / Musica per Nove / Suite im alten Stil

Thorsten Johanns (Clarinet), Oliver Triendl (Piano), Münchner Rundfunkorchester, Ltg. Ivan Repušić

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: cpo
erschienen in: das Orchester 01/2024 , Seite 68

Der schwedische Pianist und Komponist Gunnar de Frumerie (1908–1987) ist außerhalb Skandinaviens noch kaum bekannt. Klavier studierte der Hochbegabte in Wien bei dem Liszt-Schüler Emil von Sauer und in Paris bei Alfred Cortot. Seine kompositorischen Vorbilder waren einerseits Ludwig van Beethoven und noch mehr Johannes Brahms, andererseits Igor Strawinsky und noch mehr Arthur Honegger. Seine ästhetische Grundlage bildete die schwedische Volksmusik. Persönlich und hörbar gefördert wurde er von dem großen Dänen Carl Nielsen. Seine Musik ist aber bei allen Anspielungen auf Werke der Vergangenheit keineswegs epigonal, sondern findet immer einen eigenen Weg. Besonders bewundernswert wirkt, dass sie so hell und durchsichtig klingt, trotz der sorgfältig ausgearbeiteten Bass- und Mittelstimmen.
Diese neue CD enthält vier Werke von Frumerie für kleinere Besetzungen. Wie Nielsen geplant hatte, je ein Solokonzert für die Instrumente eines Bläserquintetts zu schreiben (er schaffte Flöte und Klarinette), so hatte unser Schwede vor, solche für sämtliche Bläser des Orchesters zu komponieren (er schaffte Flöte, Oboe, Klarinette, Trompete, Horn und Posaune). Das Konzert für Klarinette und Orchester op. 51 machte 1957/58 den Anfang. Wie das Flötenkonzert von Nielsen hat es nur zwei Sätze. Im Orchester fehlen die Bläser, sodass Harfe, Schlagwerk und vor allem Streicher einen umso klareren Kontrast zur Klarinette bilden. Dann folgt das Nonett Musica per Nove op. 75 für Oboe (im Wechsel mit Englischhorn, hier von zwei verschiedenen Personen ausgeführt), Klarinette, Fagott, Trompete, Klavier, Violine, Viola, Violoncello und Kontrabass. Das war 1976 ein posthumes Klangporträt seiner zwei Jahre zuvor mit 63 Jahren verstorbenen Schwester Carin, einer Cellistin und Brahms-Liebhaberin. Die Suite im alten Stil, hier in der Fassung für kleines Orchester op. 5b, war 1930 das erste Werk dieser Art in Schweden (noch sieben Jahre vor der berühmten Serenade für Streicher von Dag Wirén). Für ihre fünf Sätze braucht Frumerie nur gut elf Minuten. Kaum länger dauert das abschließende und besonders gelungene Concertino für Klavier und Streichorchester op. 78 (1977).
Das Münchner Rundfunkorchester bringt unter der Leitung seines Chefdirigenten Ivan Repušić die Atmosphäre einer glasklar leuchtenden schwedischen Mittsommernacht perfekt herüber. Es wird deutlich, dass diese Musik immer raffiniert komponiert, aber überwiegend leicht zu hören ist. Besonders brillant wirken als Solisten Thorsten Johanns, im Hauptberuf ­Soloklarinettist im WDR-Sinfonieorchester Köln, und der pianistische „Trüffelhund“ Oliver Triendl.
Ingo Hoddick