Penderecki, Krzysztof

Ciaccona

In memoriam Giovanni Paolo II. Trascrizione per sei violoncelli, Partitur und Stimmen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2016
erschienen in: das Orchester 11/2016 , Seite 62

Krzysztof Penderecki schrieb die Ciaccona im Jahr 2005 anlässlich des Todes von Papst Johannes Paul II. Anschließend integrierte er die Komposition, die im Original für Streichorchester gesetzt ist, als instrumentales Zwischenspiel in sein Polnisches Requiem. Wie viele seiner Werke hat der Komponist auch dieses im Verlauf der Jahre immer wieder überarbeitet, verändert und ergänzt. Penderecki selbst beschreibt das Requiem als Hommage an bedeutende Personen und historische Entwicklungen in Polen. Die Musik erlangt dabei losgelöst vom ursprünglichen Anlass eine universelle Geltung.
In den vergangenen Jahren entstanden etliche Bearbeitungen der Ciaccona: für Violine und Viola, für Klavier, für zwei Klaviere, für drei Akkordeons, für Streichsextett und die hier vorliegende Version für sechs Violoncelli. Sie ist Frans Helmerson, einem bekannten schwedischen Cellisten und Pädagogen, gewidmet und wurde 2015 unter seiner Mitwirkung beim Kronberg Academy Festival uraufgeführt.
Die siebenminütige Komposition erzielt durch ihre klangliche Dichte und die seufzerartigen Melodieelemente und Intervallsprünge, die über einem chromatisch abwärts geführten Bassfundament schweben, eine beeindruckende Intensität. Penderecki schöpft die ganze Registerspanne des Violoncellos aus und erzeugt so in der Bearbeitung für sechs Celli einen orchestralen Klang, der durch die Wahl sechs gleicher Instrumente sehr einheitlich und dicht gestaltet werden kann. Sowohl die Basslinie als auch das thematische Material und die Begleitmotive wandern durch die einzelnen Stimmen, werden rhythmisch und melodisch variiert, umspielt und erscheinen in immer neuem Licht. Dabei kommen rhythmische Verschiebungen, Überbindungen, Aufspaltungen des Themas und der Basslinie sowie die Variation und Kombination von verschiedenen Spieltechniken zum Einsatz. Der Komponist bleibt harmonisch stets im tonalen Raum.
Die einzelnen „Variationen“ gehen durch Überleitungen ineinander über und verdichten sich sowohl satztechnisch als auch rhythmisch und dynamisch zu einem dramatischen Höhepunkt. Die musikalische Rückführung ist im Vergleich zur Steigerung sehr kurz gestaltet. Übrig bleibt unerbittlich und schwer das Bassfundament.
Penderecki orientiert sich bei der Konzeption seiner Komposition an der früher gebräuchlichen musikalischen Form der Chaconne sowie der Verarbeitung von Thema und Variationen und verleiht seinem Werk durch die starke Expressivität einen eher romantischen Klanggestus. Im Gegensatz zu vielen anderen zeitgenössischen Komponisten bewertet er die Beschäftigung mit musikalischen Formen nicht als rückwärtsgewandt, sondern als konsequente Weiterentwicklung der musikalischen Tradition.
Anna Catharina Nimczik