Changing Colors
Mit Werken von Astor Piazzolla, Baden Powell, Luigi Boccherini, Antonio Carlos Jobim, José Antonió Carlos de Seixas
Musik ist Geschmackssache, Musikgeschmack etwas sehr individuelles, persönliches. Ich bin selbst aktiver Musiker mit langer Studioerfahrung und habe Respekt vor jeder gut produzierten Aufnahme. Sie sind das Konzentrat monatelangen Auswählens, Probens, Arrangierens, bis das Musizieren und Korrigieren im Studio, das Abmischen und Mastern losgehen kann. Aufnahmen sind persönliche Meilensteine, Zeugnisse der eigenen Entwicklung.
Changing Colors wechselnde Farben, schillernde Farbigkeit, so hat das Trio Labareda seine CD genannt. 2002 haben sie sich formiert: Christian Reichert an der Konzertgitarre, Friedemann Stert an Marimbafon, Drumset und Perkussion, Markus Lechner am Kontrabass. Alle drei sind bekannt als souveräne Instrumentalisten, die seit langem in unterschiedlichen Besetzungen und Stilistiken national und international konzertieren.
Den selbst gestellten Anspruch auf Vielfarbigkeit und Abwechslung erfüllt das Trio mit spielerischer Leichtigkeit, Virtuosität und einem wunderbaren Gespür für das gemeinsame Timing. Denn das fällt beim Hören der CD sofort auf: die Vielschichtigkeit und Vielseitigkeit der einzelnen Stücke. Südamerikanische Komponisten stehen im Vordergrund: Piazzolla, Baden Powell, Jobim mit Tango, Bossa Nova und Samba, dazu Barockmusik von Seixas und Boccherini. Geschickt werden in den eigenen Arrangements Tempi, Klangfarben, Stilistiken, Epochen, Ausdruck gemixt. Eine besondere Rolle kommt hierbei der Instrumentenauswahl des Schlagzeugers Friedemann Stert zu, der zwischen Marimba und Drumset wechselt und auch Cajon und Kastagnetten geschmackvoll einsetzt.
Im Mittelpunkt aller Kompositionen steht das Gitarrenspiel von Christian Reichert: enorm dynamisch, mit einer Fülle von spieltechnischen und klanglichen Facetten. Sein Spiel prägt entscheidend den luftigen, beschwingten, stark rhythmischen Eindruck der gesamten CD. Markus Lechner spielt einen sehr beweglichen, swingenden Bass mit einem warmen, wohligen Ton voller Klarheit und Kraft. Seine Con-Arco-Melodien leuchten und er ist für manche Sound-Überraschung gut. Friedemann Stert überzeugt am stärksten auf der Marimba. In diesen Stücken ist er ein gleichberechtigter Trio-Partner, virtuos und sensibel, mit vollem Klang von Bässen bis Höhen, und hier erreicht das Trio seine größte Dichte in kammermusikalischer Intimität und spieltechnischer Raffinesse.
Wenn er dagegen Drumset spielt in den Bossas und Sambas von Baden Powell , wird er zum bescheidenen Begleiter und spielt überwiegend die rhythmische Pattern-Folie, von der sich die Gitarre abheben kann. Ich wünschte mir, er würde sich in das Spiel von Gitarre und Bass einmischen, damit das Trio intensiver miteinander spielte. Der Sound des Drumsets ist auch der einzige klangliche Wehmutstropfen, den ich in diesem sonst
so gelungenen Cocktail herausschmecke: Im Verhältnis zu Gitarre und Bass klingt es trocken, unräumlich, indirekt, und besonders die Bassdrum wirkt pappig. Aber das kann meinen Eindruck einer genussvollen musikalischen Reise durch Südamerika mit kurzen Abstechern nach Portugal und Spanien nur ein kleines bisschen trüben.
Ulrich Moritz