Hoffmann, E. T. A.
Chamber Music
In der Romantik trifft man besonders häufig auf künstlerische Mehrfachbegabungen. Da weist sich beispielsweise Mendelssohn auch als talentierter Zeichner aus, da findet Schumann über die jugendliche Faszination an der Schriftstellerei zur Tonkunst und der als Jurist tätige E.T.A. Hoffmann zu seiner eigentlichen Berufung, der Musik und der Literatur. Und in letzterem Bereich, etwa als Autor von Novellen, Erzählungen und Romanen (u.a. “Kater Murr” und “Die Elixiere des Teufels”) hat sich Hoffmann noch weit mehr Anerkennung einholen können denn als Komponist. Obschon seiner Oper “Undine” 1816 in Berlin ein beträchtlicher Erfolg beschieden war, blieb ihm der Wunschposten des Musikdirektors und Kapellmeisters dort trotzdem versagt. Fortan wollte Hoffmann kein größeres musikalisches Werk mehr schaffen.
Die Kompositionen aus seiner Feder stammen praktisch alle aus den Jahren 1799 bis 1816, auch die Kammermusik, wovon auf dieser CD neben zwei Klaviersonaten das Harfenquintett c-Moll AV 24 und das Klaviertrio E-Dur (Grand Trio AV 52) eingespielt worden sind. Der Musik fehlt ein wenig das Genialische, eine den Zuhörer mitreißende Inspirationskraft, da klingt vieles doch recht schulmäßig eingerichtet, und die Themenfindung zeigt sich schlicht und ausgezirkelt.
Doch bei Hoffmanns f-Moll-Sonate für das Pianoforte AV 27 hört man gleich genauer hin: In der Rückwendung des Komponisten auf stilistische Charakteristika einer vergangenen Zeit, mit ihrer kontrapunktischen Textur und ihrer komplexen Fugenkunst stellt dieses Werk eine doch recht lohnende Entdeckung dar. Die Pianistin Beni Araki weiß der gut zehnminütigen Sonate vitale Zugkraft und ein weit gefächertes Spannungsmoment abzugewinnen, wenn ihr auch nicht jeder Lauf der Stimmführung mit der wünschenswerten Geschmeidigkeit von der Hand geht. Mit feinfühliger Agogik nimmt sie sich des Eröffnungssatzes der A-Dur-Sonate AV 22 an, sensibel leuchtet sie deren Mittelsatz aus, und das bestimmende Moment des Finalsatzes, dessen Profil und Kontur verleihende Ornamentik, weiß sie mit organischer Leichtigkeit auszuprägen. Beni Araki ist zusammen mit der Geigerin Kathrin Tröger und dem Cellisten Martin Seemann auch Ensemblemitglied des Trio Margaux, das die Architektur, Struktur und Melodik von Hoffmanns Klaviertrio E-Dur (es gilt als der Höhepunkt seines kammermusikalischen Schaffens) flexibel offenzulegen und liebevoll auszumodellieren versteht.
Eröffnet wird die CD mit Hoffmanns Harfenquintett c-Moll. Die kleinteilige Phrasenordnung in dessen Kopfsatz vermögen die Harfenistin Masumi Nagasawa und das mit Ulla Bundies und Christoph Heidemann (Violine), Aino Hildebrandt (Viola) und Martin Seemann (Violoncello) besetzte Hoffmeister Quartett in ein natürlich pulsierendes Spannungsverhältnis zu bringen, ohne zu sehr mit erhobenem Zeigefinger auf die Beziehungen der wechselnden Stimmführung untereinander zu weisen. Nach dem kantabel angegangenen Mittelsatz lassen die Interpreten im Finalsatz die nötige Prägnanz walten, wobei das Ensemble dem energischen Zugriff nichts an wünschenswerter Transparenz schuldig bleibt.
Thomas Bopp