Johann Sebastian Bach

Cembalokonzert Nr. 1 d-Moll BWV 1052

hg. von Matan Entin und Norbert Müllemann Urtext, Partitur/Streichersatz

Rubrik:
Verlag/Label: G. Henle Verlag, München
erschienen in: das Orchester 9/2025 , Seite 74

Bach gilt als Erfinder des Klavierkonzerts, also genauer gesagt als Erfinder des Konzerts für ein Tasteninstrument (jenseits der Orgel) und Orchester. Doch die Bach-Forschung ging und geht davon aus, dass Bach keine originalen Konzerte für das Cembalo und Orchester komponiert hat, sondern dass alle überlieferten Werke dieser Gattung Umarbeitungen von vorhandenen Konzerten eigener oder fremder Hand, vornehmlich für Violine und Orchester, sind. Das wird auch beim d-Moll-Konzert BWV 1052 angenommen, dem bekanntesten Cembalokonzert Bachs, das schon Felix Mendelssohn Bartholdy im Repertoire hatte. Allein, es gibt keinerlei Spuren einer diesbezüglichen Vorlage. Matan Entin und Norbert Müllemann, die Herausgeber der vorliegenden neuen Ausgabe, äußern sich deshalb im Vorwort eher zurückhaltend, wenn es um die Frage geht, wo die Musik zu diesem Konzert ursprünglich herkommt.
Sie beschreiben aber sehr genau, wie sich das Werk bis zu seiner endgültigen Form entwickelt hat, wobei sich die Unterschiede vor allem auf den Cembalopart beziehen. Bach hat diesen offensichtlich in mehreren Schritten virtuoser und vor allem pianistischer gemacht.
Interessant ist dabei, dass die Fassung im Sammelautograf der Cembalokonzerte von 1738 nicht die letzte ist. Es gibt Abschriften von Bach-Schülern aus den 1740er Jahren, die einen nochmals revidierten Solopart bringen. Ein Autograf dazu aber gibt es nicht.
Eine neue Ausgabe des d-Moll-Konzerts muss also das Autograf von 1738 und die Abschriften aus den 1740ern zueinander in Beziehung setzen. Als Vergleichsquelle wird auch noch die Abschrift der Kantate 146 „Wir müssen durch viel Trübsal“ verwendet, in der Bach Musik des ersten und zweiten Satzes des Konzerts verwendet hat. Die verstreute Überlieferung der Kantate 188 „Ich habe meine Zuversicht“, in deren Sinfonia Musik aus dem dritten Satz des Konzerts vorkommt, wurde nicht herangezogen.
Die vorliegende Edition überzeugt. Sie bietet ein sehr gut lesbares Schriftbild und ist wissenschaftlich fundiert, das zeigen das Vorwort und die umfangreichen Bemerkungen zur Edition und den Lesarten. Die Herausgeber belegen in Letzteren ihre Entscheidungen gut. Die Edition wird ihrem Gegenstand gerecht. Sie ist aber auch für die Praxis bestens geeignet, weil sie sich geltenden Notationsweisen ohne Zwang anschließt.
Es gibt natürlich die Partitur – und auch einen Klavierauszug. Der Streichersatz bringt je drei Stimmen für erste und zweite Violine, zwei für Viola und zwei für den Generalbass (also Cello und Kontrabass/Violone). Das ist ausreichend, denn mehr als sechs erste Violinen sind wirklich nicht zweckmäßig bei diesem Konzert.
Karl Georg Berg

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