Schoeck, Othmar
Cellokonzert op. 61/Suite As-Dur op. 59
Der 1886 in Brunnen am Vierwaldstätter See geborene und 1957 in Zürich verstorbene Komponist Othmar Schoeck hatte seinen Schaffensschwerpunkt in den Bereichen Lied und Oper. Doch auch im Instrumentalbereich liegen bedeutende Arbeiten vor. Neben dem Violinkonzert sticht hier insbesondere das Anfang 1947 entstandene Cellokonzert op. 61 hervor.
Der renommierte Cellist Julius Berger, Professor an der Musikhochschule Würzburg und an der Internationalen Sommerakademie des Mozarteums Salzburg, wird hier von dem transparent musizierenden Südwestdeutschen Kammerorchester Pforzheim unter der Leitung von Vladislav Czarnecki begleitet. Dynamische Kontraste und hymnische Steigerungen werden wirkungsvoll herausgearbeitet. Ein schwärmerischer rhapsodischer Ton herrscht dabei vor, reißt den melodischen Fluss mit. Dirigent und Solist inspirieren sich bei dieser 2002 im Festsaal des Johanneshauses Niefern-Öschelbronn entstandenen weiträumigen Aufnahme gegenseitig. Kontrapunktische Finessen führen direkt zu sphärenhaftem A-Dur. Im Andante brilliert der stets konzentriert und suggestiv agierende Berger mit virtuosen Terz- und Sextdoppelgriffen. Geheimnisvoll wirkt hier der Wechsel von den B-Tonarten dolcissimo in den Kreuzbereich.
Deutliche Anklänge an die Form der barocken Gigue besitzt der feurig interpretierte dritte Presto-Satz, dessen motivische Keimzellen präzis beleuchtet werden. Thematische Vielfalt dominiert in facettenreicher Weise. Ostinate Begleitformen und kontrapunktische Strukturen beherrschen das stets deutlich polyfone Orchesterbett, dessen klangliche Intensität sich immer weiter verdichtet.
Besonders gut akzentuiert das Südwestdeutsche Kammerorchester Pforzheim das Lento des Schlussrondos mit dem flirrenden Sordino-Klang der Violinen in den hohen Lagen. Die melodramatische Form zeigt sich auch in den durchgehenden Arpeggien des Solocellos, deren ekstatischer Ausdruck bemerkenswert ist. Das harmonische Bild ist von erstaunlicher Kühnheit, auch polytonale Akkordmassierungen werden deutlich hörbar. Man kehrt jedoch immer wieder auf den Boden der Tonalität zurück. Schoeck selbst sagte: Nie habe ich auch nur einen Takt atonale Musik geschrieben! Die Komponistin Sofia Gubaidulina urteilte über das Spiel Julius Bergers: Aber das Besondere, das mir ins Auge fiel, ist das Gefühl der Freude
Alles war einfach, freudig, gelassen. Es ist eine zutreffende Einschätzung, die auf der vorliegenden CD deutlich spürbar wird.
Die 2001 am selben Ort aufgenommene Suite in As-Dur für Streichorchester op. 59 schrieb Schoeck im Herbst 1945, nachdem er im März 1944 bei einem St. Galler Konzert einen schweren Herzanfall erlitten hatte. Kontrapunktische und polyfone Satzkünste behaupten sich hier mit erfrischender Präsenz. Martellato- und Staccato-Passagen beherrschen das harmonische Gewebe. Das Südwestdeutsche Kammerorchester Pforzheim unter der einfühlsamen Leitung von Vladislav Czarnecki musiziert dabei wie aus einem Guss sowie ausgesprochen subjektiv und verinnerlicht. Die Einflüsse Max Regers sind hier keineswegs zu überhören, allerdings fehlen die Kennzeichen ausufernder Harmonik. Die As-Dur-Suite hat außerdem einen Bezug zu Othmar Schoecks zweitem Streichquartett von 1923. Gelegentlich wünscht man sich allerdings ein noch voluminöseres Klangbild.
Alexander Walther