Schumann, Robert
Cello Concerto in A minor op. 129
Schumanns Cellokonzert, zweimal anders: Anstelle des erwarteten Bläser-Entrées vernehmen wir in Version 1 drei nicht minder expressive, vibratoarm und zugleich mit großer Intensität gespielte Streicherakkorde, in Version 2 eine satztechnisch komprimierte, ins Tenor-Bass-Register verlegte Variante, die an Gambenklänge gemahnt und ebenfalls großen klanglichen Reiz entfaltet. So ergeht es dem Hörer dieser CD immerfort: Die
Referenzquelle das Schumann-Konzert in der Originalfassung lässt sich aus dem Hörerfahrungsschatz natürlich nie ganz wegblenden, doch zugleich sind wir ein ums andere Mal entzückt von den neuen Gewändern, in denen uns die wohlbekannte Musik gegenübertritt und die uns nicht selten Details deutlicher erkennen lassen, als wir sie bisher wahrgenommen haben.
Worum geht es? Wir erleben Schumanns Meisterwerk einmal in einer Fassung mit Streichorchester, die von Alexander Kahl und Florian Vygen erstellt wurde, ein zweites Mal in einer Bearbeitung für Celloquartett, die auf den Cellisten und Lehrer Richard Klemm (1902-1988) zurückgeht. Klemm war Schüler Hugo Beckers und wirkte viele Jahre als Cellist der Staatskapelle Berlin sowie als Musikhochschul-Professor. Seine Quartett-
arrangements von Cellokonzerten basieren, wie Benedict Klöckner im Booklet-Text erläutert, vor allem auf einer pädagogischen Idee: Klemms Schüler sollten durch das Spielen der Ensembleparts die Werke bestmöglich kennen lernen, um die jeweiligen Soloparts aus einem kammermusikalischen Gestus heraus ganzheitlich gestalten zu können.
In beiden Versionen des Schumann-Konzerts tritt manche Nebenstimme und Stimmführungsnuance in den Tutti-Passagen, die in Schumanns Orchestrierung zum Abtauchen neigt, beglückend klar hervor.
Andererseits entsteht nie der Eindruck, ein seiner Ausdrucksfülle beraubtes oder gar ausgedünntes Werk zu hören. Freilich ist die exquisite Qualität des hier Gebotenen nicht zuletzt den großartigen Musikern zu danken, allen voran Benedict Klöckner: Der 1989 Geborene gehört zu den vielversprechenden Newcomern seines Fachs, diverse Wettbewerbsauszeichnungen und bedeutende Konzertauftritte zieren seine Vita. Neben aller technischen Könnerschaft besticht Klöckners Schumann-Spiel durch ein tiefes Verständnis für die zwischen ungestümer Verve und großer Zartheit wechselnden Gesten dieser Musik. Sehr selten hat man die Übergangstakte vom 1. zum 2. Satz so berückend gehört wie im Spiel dieses Cellisten: gleichsam wie ein plötzliches Erstarren vor der Schönheit der Poesie.
Drei ehemalige Solo-Cellisten der Deutschen Streicherphilharmonie sind seine kongenialen Quartettpartner, und in der Orchesterfassung des Schumann-Konzerts zeigt sich dieses Eliteensemble der Streicherjugend von seiner besten Seite. Michael Sanderling, selbst ein hochkarätiger Solo-Cellist und mittlerweile auch als Dirigent sehr gefragt, animiert sein Orchester zu gleichermaßen klangvollem wie lebendig-konturiertem Spiel.
Gerhard Anders