Schumann, Robert / Johannes Brahms

Cello Concerto in A minor op. 129 / Piano Concerto No. 1 in D minor op. 15

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Audite 95.622
erschienen in: das Orchester 11/2013 , Seite 77

Dieser Livemitschnitt ist ein historisches Dokument: Am 5. März 1963 gestalteten drei junge aufstrebende musikalische Talente gemeinsam einen eindrucksvollen Konzertabend. Die damals erst 18-jährige Cellistin Jacqueline du Pré und der 22-jährige Pianist Bruno Leonardo Gelber gaben im Rahmen der Reihe „RIAS stellt vor“ ihr Berlin-Debüt. Die Leitung des Radio-Symphonie-Orchesters Berlin lag in den Händen von Gerd Albrecht.
Jacqueline du Prés Interpretation von Robert Schumanns Cellokonzert ist energiegeladen und kompromisslos zugleich. Sie scheute keinerlei Risiko und setzt mit gelegentlich gar überbordender Leidenschaft gekonnt Akzente. Dass sich dabei bisweilen der Klang beinahe überschlägt und dem Konzert punktuell etwas aggressive, scharfe Züge verleiht, mindert den überzeugenden Gesamteindruck nicht. Du Pré zeigte bereits in jungen Jahren den ihr eigenen musikalischen Stil: impulsive Interpretationen gepaart mit großem, äußerst expressivem Ton. Doch auch lyrische Momente lagen der Cellistin nicht fern. Speziell im zweiten Satz „sang“ sie die großen Legatophrasen weich aus. Der dritte Satz bietet eine Besonderheit: Hier fügte Jacqueline du Pré, wie es in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts oft üblich war, eine zusätzliche Solokadenz ein. Diese Ergänzung ist auf ihrer 1968 entstandenen EMI-Studioproduktion, deren Interpretation insgesamt gezügelter wirkt, nicht enthalten.
Der argentinische Pianist Bruno Leonardo Gelber fand bei seiner Interpretation des 1. Klavierkonzerts von Johannes Brahms einen direkten und unverstellten Zugang zur Dramatik und Symphonik des 50-minütigen Werks. Dabei überzeugt er mit klarem Klang und differenzierter Ausgestaltung der einzelnen Motive, ohne den Blick für den großen Zusammenhang der Komposition zu verlieren. Besonders im ersten Satz, der die musikalischen Ideen des monumentalen Konzerts anlegt und fast so lang ist wie die beiden folgenden zusammen, ist dies keine leichte Aufgabe. Gelbers musikalische Gestaltung des zweiten Satzes vermittelt große Ruhe und Tiefe.
In beiden Konzerten finden Solisten, Dirigent und Orchester zu einem musikalisch interaktiven Miteinander. Das Radio-Symphonie-Orchester Berlin unter Gerd Albrecht klingt inspiriert und voller Elan. Die Musiker erzielen so das für diese Kompositionen erforderliche orchestrale Gewicht.
Mit der besprochenen Aufnahme legt das Label Audite einen gelungenen und historisch relevanten Konzertmitschnitt vor, der durch das Remastering auch in der Klangqualität überzeugt.
Anna Catharina Nimczik