Bach, Johann Sebastian / Ligeti, György / Kodály, Zoltán

Cello con fuoco

Suite Nr. V für violoncello c-Moll / Sonate für Violoncaello solo / Sonate für Violoncello solo op. 8

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Klanglogo KL1507
erschienen in: das Orchester 10/2014 , Seite 76

Cello con fuoco – Titel und Layout der CD lassen den Hörer feurige und wilde Musik erwarten. Das Cover zeigt einen Csikós, einen ungarischen Reiter, der auf dem Rücken von zwei Pferden steht und dabei drei weitere Pferde vor sich lenkt.
Veronika Wilhelm ist Solocellistin beim Gewandhausorchester, außerdem Mitglied des Bayreuther Festspielorchesters und Honorarprofessorin an der Hochschule für Musik und Theater in Leipzig. Auf diesem Tonträger kombiniert sie mit Johann Sebastian Bachs Suite Nr. V sowie György Ligetis und Zoltán Kodálys Solosonaten Werke von sehr hohem Schwierigkeitsgrad, die sich dem Hörer nicht sofort erschließen. Wilde und überbordende Klänge, die der Hörerwartung entsprechen, sind in Ligetis zweitem Satz, vor allem aber bei Kodály zu entdecken. Hier ist Veronika Wilhelm, die selbst ungarische Wurzeln hat, in ihrem Element und trifft durch leidenschaftliches Spiel den Kern der Musik. Die Skordatur der unteren beiden Saiten um einen Halbton tiefer schafft ein dunkles und sonores Bassfundament. In Verbindung mit den virtuosen Passagen, die sich in höchste Höhen des Cellos hinaufschrauben, Doppelgriffen, Pizzicati und tänzerisch akzentuierten Rhythmen entsteht ein energiegeladenes, bisweilen gar ruppiges Werk, das den Interpreten in jeglicher Form fordert. Kodály selbst sah seine Solosonate als Prüfstein für jeden Cellisten.
Interessant ist auf dieser CD die Gegenüberstellung mit Bachs Suite Nr. V: Die Komposition ist nahezu 200 Jahre früher entstanden, wird aber ebenfalls mit Skordatur gespielt. Die A-Saite wird um einen Ganzton tiefer gestimmt und fügt sich auf diese Weise gut in das dunklere Klangbild der Grundtonart c-Moll. Zu Bachs Zeiten waren musikalisches Temperament und Feuer noch durch barocke Formen und Tanzsätze geprägt. Dennoch wurden seine Suiten für Violoncello solo damals sicherlich als gewagt und „modern“ empfunden. Wilhelms Interpretation wirkt etwas steif und analytisch. Unterstützt wird dieser Eindruck durch bisweilen recht langsame Tempi. Leichtigkeit und tänzerische Momente gehen so leider verloren.
Ligetis Sonate für Violoncello solo spielt geschickt mit Gegensätzen: Während der erste Satz „Dialogo“ gesangliches, latent mehrstimmiges Spiel erfordert, wird im zweiten Satz „Capriccio“ ein virtuoses Feuerwerk entfacht. Dabei treibt der Komponist, wie er selbst sagt, die Spieltechnik an die äußersten Grenzen.
Veronika Wilhelm gelingt ein Soloalbum, das das Cello in seinen vielfältigen Facetten zeigt und die klanglichen Möglichkeiten des Instruments voll ausreizt. Die Neben- und Spielgeräusche sowie das zum Teil recht laute Atmen der Cellistin stören das Klangergebnis im Ganzen nicht, da sie ein authentisches Bild von leidenschaftlichem, virtuosem Spiel aufzeigen.
Anna Catharina Nimczik