Celebrating Wagner
Nachdem German Brass vor dreizehn Jahren mit der Jubiläums-CD Bach 2000 auch international einmal mehr beweisen konnte, dass sie zur Weltspitze der Blechbläserkammermusik-Interpreten gehören, warteten die Fans seit Jahren auf die nächste CD zu einem Komponisten-Jubiläum. Und da die Spatzen schon den Walkürenritt von den Dächern pfeifen, kann sich jeder denken, womit German Brass Maßstäbe setzt.
Matthias Höfs, Professor für Trompete und Kammermusik an der Hamburger Musikhochschule, zeichnet in der vorliegenden CD für ausnahmslos alle Arrangements verantwortlich, und man kann nur den Hut davor ziehen, wie geschickt er auch die kniffligsten Fragen besetzungstechnisch gelöst hat: die quirligen Streichersextolen aus dem Spinnerlied (Fliegender Holländer, 2. Akt) oder die von Wagner geforderten 15 Trompeten, die während der Reitermärsche (Lohengrin, 3. Akt) verlangt sind.
Von der ersten bis zur 55. Minute denn hier ist die CD leider schon zu Ende sind Präzision, Stilsicherheit in bester Wagner-Tradition, Virtuosität und Musikalität auf höchstem Niveau zu erleben. Das tiefe Blech beeindruckt besonders mit der Triolen-Stelle in den Lohengrinschen Reitermärschen und die Hörner zaubern selbst in höchsten Lagen mühelos.
Die Lohengrin-Ferntrompeten sind durch die raffiniert gemachte Aufnahme auch akustisch gut (wie in der Originalpartitur von Wagner gefordert) als entfernter, dann immer näher und näher bzw. von rechts im Hintergrunde sich nähernd zu erkennen. Schlauerweise hat sich German Brass den überstrapazierten Brautchor sowie den Schwan gespart, punktet dafür aber mit der Verwandlungsmusik (Parsifal, 1. Akt) und dem Einzug der Gäste auf der Wartburg (Tannhäuser, 2. Akt).
Witzig und zugleich informativ ist das Booklet (Deutsch und Englisch) mit kurzen Texten zu jedem Stück und kleinen Anekdoten, erzählt vom Hornisten und Entertainer Klaus Wallendorf sowie kurzen Informationen über die Mitwirkenden. Die einzigen Stücke, welche nicht einer Oper entstammen, sind Im Treibhaus (Wesendonck-Lieder) und die Polonaise, ein Frühwerk des Komponisten für Klavier zu vier Händen. Technisch und musikalisch von German Brass gut gemacht und durch die vielen Wiederholungen des Hauptthemas zwar ohrwurmverdächtig, könnte ich persönlich jedoch am ehesten auf die vom Stil her am unwagnerischsten klingende Polonaise verzichten und mir stattdessen etwas aus Tristan und Isolde vorstellen. Schade, dass es auf dieser CD kein einziges Arrangement aus diesem hochinteressanten Stück gibt. Aber wie sich German Brass auch viele Jahre hintereinander mit den Werken Johann Sebastian Bachs beschäftigt hat, bleibt zu hoffen, dass der Tristan noch Einzug ins Repertoire hält, bevor sich die nächsten großen Komponisten-Jubiläen nähern und wir gespannt sein dürfen, ob German Brass uns bereits im nächsten Jahr mit etwas von Richard Strauss oder erst 2017 mit einem Telemann-Porträt erfreuen wird. Celebrating Wagner welch ein Fest!
Kristin Thielemann