Catalonia

Música orquestral d’Isaac Albéniz

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Tritó 2011
erschienen in: das Orchester 12/2011 , Seite 79

Die internationale Geltung des gebürtigen Katalanen Isaac Albéniz (1860-1909) macht sich an den besseren seiner Klavierwerke fest, darunter besonders am impressionistisch inspirierten zwölfteiligen Zyklus Iberia, entstanden von 1905 bis 1908. Zwei Werke für Klavier und Orchester, die Spanische Rhapsodie und das Concierto fantastico, haben sich ebenfalls im Repertoire gehalten. Darüber hinaus kennt man Albéniz’ Orchestersprache nicht, zumal seine seinerzeit erfolgreichen Opern Merlin, Henry Clifford oder Pepita Jiménez sich keinen Platz im mitteleuropäischen Opernbetrieb erobern konnten und die Mehrzahl seiner Zarzuelas (spanische Operetten) als verschollen gelten.
Die vorliegende CD will das schmale, genuin orchestrale Schaffen des Komponisten ins Bewusstsein der musikinteressierten Öffentlichkeit heben. Sowohl das knapp siebenminütige Poem Catalonia – erster Teil eines nie zu Ende geschriebenen Triptychons – wie auch die gut halbstündigen Escenes Simfóniques Catalanes nehmen dabei im Titel Bezug auf die katalanische Herkunft des Komponisten. Dies ist insofern untypisch für Albéniz’ Schaffen, als er in seinem Klavierschaffen vorwiegend andalusische Themen behandelt.
Die 1888 bis 1889 in der Nähe von Barcelona entstandenen vier Katalanischen Szenen sollten ursprünglich „Fiesta mayor“ heißen. Nach ersten Aufführungen in Madrid, Paris und London geriet das Werk in Vergessenheit und die Originalpartitur gilt heute als unauffindbar. Rekonstruiert aus erhaltenen Orchesterstimmen, erfährt das klangprächtige, tänzerisch akzentuierte Werk auf dieser CD seine Ersteinspielung. Besonders die beiden Mittelsätze „Idylle“ und „Serenade“ berühren durch ihre innige Melodik und den Kontrast der Instrumentalfarben.
Die dem Maler Ramón Casas gewidmete Rhapsodie Catalonia entstand 1899 in Paris. Das einsätzige Werk bedient sich in freizügiger Weise der Sonatenform; zwei katalanische Volkslieder liefern das schwungvolle, für sinfonische Begriffe etwas vordergründige Themenmaterial. Albéniz gelingt in der Instrumentation eine verblüffende Nachahmung der „Cobla“, des elfköpfigen katalanischen Sardana-Tanzorchesters mit den traditionellen Schalmei-Instrumenten.
Die zwölfminütige Orchestersuite aus der Oper Pepita Jiménez (1895) gewährt einen nicht-vokalen Einblick in den Albéniz’schen Opernstil. Zu hören ist eine elegische Musik mit weit geschwungenen Linien und einem satten Streicher- und Hörnerklang. Man ahnt, was dieser Komponist noch hätte schreiben können, wäre er nicht bereits 48-jährig verstorben.
Das Sinfonieorchester von Barcelona, zugleich katalanisches Nationalorchester, musiziert unter Jaime Martín mit spürbarem Enthusiasmus, federnder Rhythmik und geschmeidiger Linienführung der Bläser – eine in jeder Hinsicht authentische Interpretation, die von der Tontechnik plastisch abgebildet wird.
Rainer Klaas