Paganini, Niccolò
Cantabile
Welch ein Mann, welch eine Geige, welch ein Künstler so emphatisch reagierte Franz Liszt auf eine Begegnung mit dem italienischen Saiten-Virtuosen Niccolò Paganini 1831. Dass der Star-Geiger aus dem 19. Jahrhundert aber auch ein Großer auf der Gitarre war, wird unter dem Eindruck der Violin-Legenden und ‑Stücke des Hexers und Magiers gern vergessen. Und in der Tat: Paganini schrieb die auf dieser CD berücksichtigten Kompositionen mit leisem, doch hochvirtuosem Charakter selbst. Und er führte sie auch honorig auf mal als Geigen‑, mal als Gitarrenpartner bei kammermusikalischen Treffen.
Die Kultfigur der Romantik arbeitet mit allen Raffinessen, was allerdings eher für die Violinführung gilt als für die (gelegentlich auftrumpfende) Begleitung. Was diesen Bereich dennoch auszeichnet, ist der Umstand, dass Paganini mit diesen Duo-Stücken für den kammermusikalischen Sektor jener Epoche ungemein wichtig und zukunftsweisend arbeitete. Er setzte für jene Phase einen musikantischen Kontrapunkt zur dominierenden Oper in seinem Heimatland.
Das Cantabile D‑Dur, die ziseliert gewirkten Sonaten Nr. 1 a‑Moll, Nr. 2 D‑Dur und Nr. 3 C‑Dur, das fabulierende Duetto amoroso (mit programmatischen, bildhaften Titeln wie Anzeichen der Liebe, Schüchternheit oder Nachricht von der Abreise u.a.), die stupend effektvollen Variazioni di bravura (Caprice Nr. 24) und das grandiose abschließende Moto perpetuo mit seinem Vivace-Drang bilden zusammengenommen ein Programm von hoher Dichte und breiter Information. Mit der Devise: So machts der Meister!
Paganini erreicht in dieser Auswahl einen Ausnahmeplatz in der Musikgeschichte und in seiner Epoche, die er vertritt: für das Duettieren ebenso wie für die beseligende Meisterschaft des Melodischen. Denn beiden Instrumenten weist er schönes Material zu. Dies wird von den Interpreten ebenso klug wie ambitioniert genutzt. Der gemeinsame Anspruch, sich mit instrumentalem Respekt und Eifer zu begegnen, wird in jeder Phase der musikalischen Kommunikation genutzt und dokumentiert. Sie ehren Paganini und profitieren selbst vom Genuss des südländischen Temperaments und des romantischen Duktus. Wolfgang Hentrich und Markus Gottschall ein Duo der Extraklasse. Gerade weil sich der Geiger und der Gitarrist nicht eitel in den Vordergrund drängen. Sie jubilieren für und mit Paganini: kammermusikalisch höchst delikat.
Jörg Loskill