Schmolke, Birgit
Bühnenbauten
Handbuch und Planungshilfe
Für Architekten ist es bei spezialisierten Bauten schon vor Beginn der Planung unabdingbar, Kenntnisse über die spezifischen Anforderungen der Nutzer und der Nutzung zu besitzen. Diese möchte die Reihe Handbuch und Planungshilfe vermitteln. Der jüngste Band in DIN-A4-Format befasst sich mit Gebäuden, die explizit für Konzert und Theater bestimmt sind.
Im Schwerpunkt werden 32 Neubauten, Umbauten und zum Teil auch noch im Bau befindliche Projekte und ihre Säle vorgestellt. Unter den insgesamt 18 Konzerthäusern und 14 Theaterbauten aus Europa, entstanden in den vergangenen rund zehn Jahren, sind spektakuläre Gebäude wie z.B. die Elbphilharmonie Hamburg von Herzog & de Meuron (zugleich Umschlagbild), Jean Nouvels Kultur- und Kongresszentrum Luzern und die Oper in Oslo von Snøhetta ebenso vertreten wie Stadttheater, Hochschulbauten, Freilichtbühnen und Räume für Tanz.
Jedem Gebäude sind im Schnitt zehn Seiten gewidmet. Den technischen Eckdaten und Erläuterungen zur Planung und Entstehung folgen großformatige Fotos der Gebäude und ihrer Umgebung, der Säle und von architektonischen Details, außerdem Zeichnungen und Grundrisse.
In einem rosaroten, ca. 100-seitigen Textteil wird das Thema Bühnenbau aus vielerlei Perspektiven beleuchtet und illustriert. Die Autorin steuert einen informativen 18-seitigen Artikel zu Geschichte des Theaterbaus in Europa von den Griechen bis in die Gegenwart bei. Koautoren erörtern in sieben Essays Aspekte von der Konzeption über die Akustik (Jürg Jecklin), Architekturkritik (Karl Habermann), Bühnenbild (Martin Zehetgruber) bis hin zur Lichtplanung (Christian Bartenbach) und gesetzlichen Rahmenbedingungen. Zunächst kurios mutet der Artikel Europäischer Theaterbau in China an; tatsächlich aber prägten viele Europäer die asiatische Architektur in dieser Sparte.
Bei der Auswahl ist festzustellen, dass häufig architektonisch ambitionierte und spektakulärste Entwürfe realisiert wurden mit dem Ziel, städtebauliche Akzente zu setzen. Erfreulich ist es, dass trotzdem die Schuhschachtel-Form der akustisch besten Konzertsäle der Welt in Boston, Wien und Amsterdam auch bei einer ganzen Reihe der neuen Säle zum Einsatz kam. Dennoch ist zu bedauern, dass den Akustikern, wie es Jürg Jecklin auf Seite 243 dieses Bandes schreibt, vielfach nur eine korrigierende und keine mitgestaltende Aufgabe zugestanden wird. Eine löbliche Ausnahme hiervon ist sicherlich das ebenfalls behandelte Kultur- und Kongresszentrum Luzern mit Russell Johnsons genialen Echokammern.
In der Summe bietet der knapp zwei Kilogramm schwere Band einen faszinierenden Einblick in die Vielfalt heutiger Bühnenarchitektur. Musikern und sonstigen mit Konzert- und Theaterbauten Befassten bietet er Anregungen und hilft z.B. bei der Vorbereitung auf Aufführungen. Architekten werden ihn als Planungshilfe bei Neu-Konzeptionen und Umgestaltungen zu schätzen wissen.
Peter Overbeck