Bremer Klavierwettbewerb ’07
Preisträgerkonzert: Yana Vasilyeva, Romain David, Oljesja Urusova
Bereits zum 11. Mal fand der Bremer Klavierwettbewerb statt, der sich seit 1991 als gesamteuropäisches Kräftemessen junger Pianisten versteht. Durch die Osterweiterung strömen von dort seither wie bei vielen anderen Klavierwettbewerben Spitzenbegabungen über die geöffneten Grenzen. Auch im Jahr 2007 sind gleich zwei russische Pianistinnen unter den ersten drei Preisträgern: Yana Vasilyeva (1. Preis) und Oljesja Urusova (3. Preis). Zwischen diesen beiden jungen Frauen belegte als einziger Mann der Franzose Romain David den 2. Preis. Er bekam außerdem noch den von Weser Kurier und Bremer Nachrichten ausgelobten Publikumspreis. Mit einer Förderprämie und einem Förderstipendium wurde zudem die Ungarin Eva Szalai ausgezeichnet. Eine Förderprämie erhielt neben den Preisträgern auch die Russin Olga Zheltikova, Förderstipendien der Bulgare Konstantin Dyulgerov und der Ukrainer Arsen Yakovenko.
Auf der vorliegenden Doppel-CD werden die drei Preisträger am Klavier allein und mit den Bremer Philharmonikern unter István Dénes vorgestellt. Unter den Klavierkonzerten gibt es dabei als Standardprogramm Mozarts Jeunehomme-Konzert KV 271, Rachmaninows zweites Klavierkonzert und Chopins zweites Klavierkonzert. Beim Solo-Programm werden etwas fernere Klangregionen erkundet. Romain David wagt sich sogar an eine Uraufführung heran, Werner Heiders Exkursion für Klavier; die erste Preisträgerin spielt Schuberts Sonate Es-Dur op. posth. D 568 und die dritte Preisträgerin einige von Rachmaninows Etudes tableaux op. 33. Die im Oktober 2007 gemachten Aufnahmen wurden vom Klavier-Experten Wilfried Schäper (Radio Bremen) betreut, sie stammen aus dem Konzerthaus Glocke, die Solo-Programme aus dem angenehm trockenen (alten) Sendesaal von Radio Bremen.
Soweit die Fakten. Gleich nach dem Start der ersten CD fällt einem der ungemein sensible Anschlag der ersten Preisträgerin Yana Vasilyeva ins Ohr. Längst sind die Zeiten vorbei, als russische Pianisten mit dem Vorwurf von Tastenlöwen abgehakt wurden. Ganz im Gegenteil beweist die junge Russin ein Gespür für die fast schon romantischen Stimmungen in Mozarts frühem Klavierkonzert. Ihre große Musikalität samt delikat phrasierter Melodiegestaltung kann sie auch in der Schubert-Sonate voll ausspielen. Das ist alles natürlich atmend und mit großem technischem Rüstzeug interpretiert.
Auch den französischen Pianisten sagt man einen Hang zum klanglich-sensiblen Klavierspiel nach. Beim Bremer Publikumsliebling Romain David ist es aber ebenso die pointilistische Klarheit, die sein Spiel in Heiders Exkursion ausmacht. Die Kontrolle über kleinste Schattierungen dieser Variationskette gelingt ihm perfekt. In Rachmaninows Klavierkonzert kommt hingegen sein warmes Klavierspiel zum Vorschein. Er verliert sich nicht in Einzelheiten, hat immer den großen Bogen im Blick. Die dritte Preisträgerin Oljesja Urusova bildet fast schon einen Spagat zwischen den beiden anderen Preisträgern. Feine Rubati und doch große Übersichtlichkeit bestimmen ihre Interpretation von Chopins Klavierkonzert.
Matthias Corvin