Siegert, Stefan

Bravo, bravissimo!

Oper für Einsteiger, mit Illustrationen

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Reclam, Stuttgart 2013
erschienen in: das Orchester 01/2014 , Seite 68

Stefan Siegert ist an der Hamburgischen Staatsoper dafür zuständig, Kindern und Jugendlichen die Oper schmackhaft zu machen. Sein Auftrag, den er mit Leib und Seele erfüllt, hat etwas Missionarisches an sich. Er soll bewirken, dass es auch morgen noch Opernbesucher geben wird. Vereinzelt soll es ja auch noch Erwachsene geben, die noch nie in der Oper waren. Auch sie versucht er mit seinen zahlreichen Veranstaltungen, Vorträgen und Veröffentlichungen zu erreichen.
Nach den Auslassungen über den oft komplizierten Ablauf des Geschehens in einer Oper kommt die Figur eines kenntnisreichen Holzwurms ins Spiel, mit dem Siegert in Dialogform wissenswerte Kommentare zum Drumherum im Opernhaus beisteuert. Dieser Opernholzwurm ist nicht allein: Er wird unterstützt vom Vetter Timothy Drill aus London,
Niclas Bohrer von dem Schweizer Ableger der Sippe und vor allem von der Hofopernfachmotte Signora Mottadella aus Wien. Natürlich ist das alles ein wenig albern, vielleicht aber ein Weg, interessierte Opernneulinge zu fangen. Auch in dem jetzt neu herausgegebenen Opernbuch für Einsteiger kommen alle dieser Fantasieviecher zum Einsatz mit Zusatz-Informationen über die Komponisten und ihre Werke. Es soll kein Opernführer sein, die Auswahl von nur 17 Opern ist auch äußerst unkomplett und in der Zusammenstellung sehr subjektiv: Da sind Monteverdis Orpheus oder Händels Julius Caesar enthalten, auch Benvenuto Cellini von Berlioz oder Pique Dame von Tschaikowsky.
Ist das wirklich der Einstieg für Leute, die noch nie in der Oper waren? Man findet hier keine Lortzing-Oper, keine Lustigen Weiber von Windsor, keinen Tannhäuser, keine Rusalka, keinen Rosenkavalier. Die Inhalte der ausgewählten Opern, darunter Don Carlos, die Meistersinger oder Carmen, werden ausführlicher und detailfreudiger als in jedem Opernführer beschrieben. Für die Zauberflöte braucht Siegert sechs Seiten, für den Barbier sieben und für die Hochzeit des Figaro acht Seiten. Das geht bis zu den Meistersingern, die sogar elf Seiten brauchen, um erklärt zu sein. Nicht immer sind die Texte so verfasst, dass man sie leicht und sofort versteht. Das ist ja das Problem eines Insiders, der gar nicht begreifen kann, dass man den Standard des Allgemeinwissens immer weiter nach unten schrauben muss.
Vor dem Inhalt hält Siegert normales Opernführerwissen parat: Wie heißen die handelnden Personen und in welcher Stimmlage singen sie, wie heißen die Textdichter, wo und wann spielt die Oper, wann war die Uraufführung. Der Autor überrascht noch mit einem Kunstgriff: Er lockert die Texte auf mit eigenen Illustrationen, die sich sehr gut einfügen und den öfter mal flapsig verfassten Text karikaturmäßig unterstützen.
Man kann dieses Buch ohne Probleme und mit guter Absicht an Opernmuffel verschenken. Ob man damit auch neue und neugierig gewordene Interessenten rekrutieren kann, bleibt abzuwarten. Ein Versuch ist es aber auf jeden Fall wert.
Wolfgang Teubner

Page Reader Press Enter to Read Page Content Out Loud Press Enter to Pause or Restart Reading Page Content Out Loud Press Enter to Stop Reading Page Content Out Loud Screen Reader Support