Bombella

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Intuition INT 3430 2
erschienen in: das Orchester 06/2011 , Seite 77

Abdullah Ibrahims 2008 aufgenommene CD ist das Nachfolgealbum des mit dem Preis der deutschen Schallplattenkritik ausgezeichneten Pianosoloalbums Senzo. „Die Songs auf Bombella sind eine Weiterführung der Geschichten, die ich auf Senzo erzählt habe“, sagt Abdullah Ibrahim über die vorliegenden, 2009 veröffentlichten Aufnahmen mit der Big Band des Westdeutschen Rundfunks, die mit den Big Bands des Hessischen und Norddeutschen Rundfunks zu den herausragenden Rundfunkorchestern zählt.
Die Stücke auf der vorliegenden CD sind – mit einer Ausnahme – nicht neu. Abdullah Ibrahim spielte sie bereits in anderen Besetzungen und Formationen ein. Für den Südafrikaner sind es biografische Songs. Dies wird an den Namen der einzelnen Titel (African River, Mandela) wie auch am Namen der CD Bombella deutlich. Lediglich eine Fremdkompo­sition, nämlich Thelonious Monks I mean you, ist auf dem Tonträger enthalten.
Abdullah Ibrahims Lebenslauf ist so spannend wie seine Musik. 1934 in Kapstadt geboren, macht er als Dollar Brand Ende der 1950er, Anfang der 1960er Jahre von sich reden. Er verlässt 1962 Südafrika und lässt sich in Europa (Zürich) nieder. Im Dollar Brand Trio wird er Anfang der 1960er Jahre von Duke Ellington entdeckt, der ihm seine erste Schallplattenaufnahme‚ Duke Ellington presents the Dollar Brand Trio, vermittelt. Es folgt 1965 ein Auftritt beim Newport Jazzfestival sowie die Zusammenarbeit mit vielen namhaften Künstlern wie John Coltrane, Ornette Coleman, Elvin Jones, Don Cherry und Max Roach. 1968 konvertiert er zum Islam. Abdullah Ibrahim, wie er sich nun nennt, siedelt in den 1970er Jahren in die USA um, bevor er 1990 wieder nach Kapstadt zurückkehrt. 1994 spielt er bei der Amtseinführung Nelson Mandelas. 1996 initiiert er die Big Band „Cape Town Jazz Orchestra“.
Für ihn repräsentiert die vorliegende Einspielung einen Mikrokosmos der Erfahrung. „Meine Laufbahn begann in einer Big Band“, sagt er. Die zehn meisterlich von Steve Gray arrangierten Songs, dem die Einspielung auch gewidmet ist, nehmen die Intentionen Abdullah Ibrahims auf und erweitern sie um eine eigene Dynamik, wie es der Interpret treffend ausdrückt. „Die Energie der Big Band war in meinem Spiel stets enthalten.
Arrangeur Steve Gray, mit dem ich an dieser Musik arbeitete, hat es nun geschafft, die Linien meines Solospiels wieder aufzugreifen und in diesen Big Band-Kontext rückzuübersetzen.“
Erwähnenswert ist besonders das erste Stück Green Kalahari. Es handelt sich bei dem Titel um ein völlig frei improvisiertes Pianosolostück, welches in einem Take eingespielt wurde. Das Stück repräsentiert für den Pianisten seine spirituelle Heimat.
Die CD besticht durch Arrangements, Komposition und durch das Zusammenspiel Abdullah Ibrahims mit der WDR Big Band Köln, die erfreulicherweise keine Statistenrolle zugewiesen bekam.
Ulrich Falk