Casken, John

Blue Medusa

für Fagott und Klavier, Partitur und Stimmen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott, Mainz 2004
erschienen in: das Orchester 01/2002 , Seite 79

Die Komposition Blue Medusa für Fagott und Klavier von John Casken wurde im Jahr 2003 komponiert. Diese Neuerscheinung innerhalb der Fagott-Edition ist ein Werk, das der Komponist im Auftrag der Eltern einer jungen englischen Fagottistin zu deren 18. Geburtstag geschrieben hat und von dieser im selben Jahr uraufgeführt wurde.

Programmatisch nimmt das Stück Bezug auf Medusa, welche schon bei Homer erwähnt wird und der Sage nach durch ihren bösen Blick Unheil überbracht und durch ihre Berührung Menschen in Stein verwandelt haben soll. John Casken beschreibt seine kompositorische Idee im Vorwort zu diesem Stück im englischen Originaltext: „Medusa – creature of the sea, beautiful in form and movement, but dangerous to the touch.“ So bleibt den Interpreten überlassen, diese Vorgabe des Komponisten innerhalb des Stücks zu erkennen, mit ihrer Fantasie und ihrer kreativen Erfindungsgabe sowohl musikalisch als auch instrumental umzusetzen und zu verwirklichen.

Die Tonsprache erinnert an Messiaen, ist konventionell notiert, in freier Tonalität gehalten und ohne anspruchsvolle avantgardistische Spieltechniken. Zu Beginn  wird durch liegende Akkorde des Klaviers eine bedrohliche Atmosphäre geschaffen. Darüber bewegt sich das Fagott in einem Parlando mit percussiver Rhythmik. Der anspruchsvolle Klavierpart wird mit Fortdauer immer unruhiger und soll vermutlich gemeinsam mit der bläserischen Linie, welche sich innerhalb aufsteigender Legato- und Staccatoketten ebenso steigert, das Rauschen des Meeres, den Wellengang und das Furcht erregende Auftauchen der Medusa vermitteln („Blue Medusa: a creation, aquamarine, with an energetic sting; a creation, nearing the surface, winging upwards“).

Nach einer zwischenzeitlichen Beruhigung mit einer ausdrucksvollen, gesanglichen Linie im Fagott setzt sich der Part beider Instrumente in ähnlich stürmischer Bewegung, aber in unterschiedlicher Metrik und verschiedenen Taktarten fort, bis hin zu einer kleinen Kadenz. Nach der Andeutung einer Reprise endet das Finale mit einer Coda und einem sehr eruptiven, dramatischen Schluss.

Bei dieser gelungenen Komposition handelt es sich um ein Stück zweier gleichberechtigter Partner (Klavierpart anspruchsvoll, Fagottpart mittelschwer, Dauer ca. 10 Minuten), das sehr interessant und wirkungsvoll ist und mit Sicherheit eine Bereicherung der Fagottliteratur darstellt. Im Übrigen ist diese Neuerscheinung innerhalb der Schott’schen Fagottbibliothek, wie bei diesem Verlag üblich, von hoher Qualität im Notendruck, in der Übersichtlichkeit des Notentextes und im Papier.

Der Komponist John Casken (geb. 1949) studierte in Birmingham und Warschau, verbunden mit einem intensiven, lang andauernden Kontakt zu Witold Lutosl/awski. Er ist Dozent an den Universitäten von Birmingham und Durham. Seit 1973 ist er Professor für Musik an der Universität von Manchester. Sein kompositorisches Schaffen umfasst ein breites musikalisches Spektrum von Oper, Orchester- und Kammermusikwerken bis hin zum Lied- und Chorgesang und einem Violin- und Cellokonzert.

Alfred Rinderspacher