Walter, Elmar
Blas- und Bläsermusik
Musik zwischen Volksmusik, volkstümlicher Musik, Militärmusik und Kunstmusik
Sie wird zugleich geliebt und gehasst: die Blas- und Bläsermusik, welche sowohl Bierzeltseligkeit vermittelt als auch im Konzertsaal eine hohe künstlerische Daseinsberechtigung besitzt. Sie schwebt zwischen den zwei Stühlen Volks- und Kunstmusik und schlüpft deshalb bis heute durch das Raster der musikalischen Volkskunde und der herkömmlichen Musikwissenschaft.
Und eben um diese Standortbestimmung geht es Elmar Walter in seiner an der Universität zu Salzburg eingereichten Dissertation. Dabei soll im historisch-biografischen Abschnitt, so der Verfasser, weniger von der offensichtlichen Semantik ausgegangen werden, sondern vielmehr sollen die Wechselwirkungen und Zusammenhänge zu einer Art Definition führen, um sie nicht nur als geblasene Musik zu verstehen, sondern sie in der Einbettung ihrer Intention zu sehen. Nach Darstellung und Auswertung der Begriffserklärungen anderer Autoren muss Walter aber fast resignierend zu der unweigerlichen Frage kommen, ob es eigentlich notwendig ist, eine klare Definition sowohl für Blasmusik als auch für Bläsermusik zu suchen, weil die Begriffe teils synonym, teils konträr gebraucht werden, wobei er als Conclusio auf die Idee kommt, beide Begriffe Blas- und Bläsermusik als Doppelterminus zuzulassen.
Bevor die Historie der Blas- und Bläsermusik von der Ur-Blasmusik bis in das 20. Jahrhundert hinein schlaglichtartig dargestellt wird, geht Walter anhand der breit gefächerten Literatur noch eingehend auf die einzelnen Begriffe der Volks- und volkstümlichen Musik, Militär- und Kunstmusik ein, wobei er auch dort auf ähnliche Definitionsprobleme stößt.
Das Jahr 1814 das Jahr der Erfindung der Ventile bedeutet für Walter einen markanten Einschnitt in seine Vorgehensweise. Von da an spaltet er die Geschichte in die oben genannten Genres auf und belegt diese anschaulich mit Beispielen aus seinem bayerisch-österreichischen Blasmusik-Heimatraum. Bemerkenswert sind die ausführlicher, jedoch im Rahmen der Dissertation keineswegs erschöpfend darzustellenden Bereiche der Militärmusik, insbesondere der bayerischen Militärmusik mit biografischen Details über Max Högg oder Georg Fürst. Dem schließt sich ein kürzerer Abschnitt der Kunstmusik an. Walter muss aber die Frage offen lassen, ob und wann Militärmusik zur Kunstmusik wird. Die Quintessenz lautet in dem lesenswerten Buch nach 248 Seiten nicht gerade überraschend, dass Blas- und Bläsermusik als Musik ZWISCHEN Volksmusik … etc. zu bezeichnen ist.
Nach Genres eingeteilt ist auch der zweite Teil, welcher die analytischen Aspekte beleuchtet, wobei die Symphony No. 1 The Lord of the Rings nach J.R.R. Tolkien aus der Feder von Johan de Meij im Mittelpunkt steht. Der abschließende Teil spürt der Blasmusik in einigen Nachbarländern nach, beleuchtet kurz die Militärmusik der DDR und präsentiert ein ausgiebiges Literaturverzeichnis. Etwas umständlich lesen sich über 900 Fußnoten, welche die Nachweise auch bei der x-ten Wiederholung in Gänze notieren.
Werner Bodendorff