Bruns, Victor
Bläserkonzerte/Ballettsuite
Es perlt und glitzert verspielt, fixe Läufe und hübsche melodische Einfälle im fast romantischen Duktus erfolgen im flotten Wechsel. Spielmusik vom Allerfeinsten, dem Fagott auf den langen Leib komponiert und trotzdem auch für Nichtfagottisten ein lohnendes konzertantes Ereignis, ein opulenter Ohrenschmauß ohne jede klebrige Süße.
Victor Bruns Konzert Nr. 2 C‑Dur op. 15 für Fagott und Orchester steht am Beginn der CD. Aufgenommen 1973 ist es ein historisches Dokument Neuer Musik, mit Fagottist Otto Pischkitl und dem Rundfunk-Sinfonierorchester Berlin unter Robert Hanell sehr gut besetzt. Ein traumhaft schönes kleines Andante tranquillo folgt und lässt das tiefste Holzblasinstrument singen. Dann ein unterhaltsamer bunter Schlusssatz mit langer Fagottkadenz, sehr vital und gekonnt eingespielt, weder absolut neutönend noch verspätet romantisch. Dichtes, freudiges Miteinander statt starrer Neuerung, trotzdem klingt es heute (obwohl schon 1946 komponiert) erfrischend modern und in jedem Takt hörenswert. Victor Bruns, selbst Fagottist, geht brillant mit Bläsersätzen um und weiß genau um jede spieltechnische Möglichkeit der Blasinstrumente. Dazu strotzt er vor melodischen Einfällen und spielt gern mit Rhythmen.
Flöte (Werner Tast) und Englischhorn (Dieter Wagner) sind die Solisten des folgenden Konzerts op. 74 (1982). Streichorchester und Schlagzeug (Rundfunk-Sinfonieorchester Leipzig unter Lothar Seyfarth) begleiten die beiden. Sportiv im ersten Satz, blitzsauber geblasen und forsch in der Kadenz, lässt der folgende langsame Satz sie streckenweise zum treibenden Schlagzeug singen. Ein schöner Effekt. Danach geht es verträumt, aber zielsicher weiter. Die Melodik zieht die beiden Solisten wie ein Lasso in den harmonisch angenehm gespannten letzten Satz. Fast naive Streichereinsätze sorgen für die Wandlung zum giocoso, fröhlich und klangstark geht es bis zum Ende.
Das Ballett Das Recht des Herrn (1953) ist mit der Suite Nr. 2 vertreten. Das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin (Ltg. Heinz Fricke) geht voller Spielfreude ran und genießt jede Kantilene. Schön bunt: Bruns nutzt die Violine zu fast folkloristischem Solospiel, lässt direkt danach ein paar Schläge lang das tiefe Blech mit langen Tönen dräuen. Diese Suite hätte als Fimmusik manchen besseren Piratenfilm in ungewohnte künstlerische Höhen katapultiert. Und ist trotzdem viel mehr als nur Klangmalerei.
Das Konzert für Oboe und kleines Orchester op. 28 beschließt diese CD mit einem weiteren virtuosen Werk. Oboist Hans-Werner Wätzig legt seinen Part sehr leicht an, spielt scheinbar mit der Musik und dem Instrument. Seine Oboe singt und tanzt sich genial durch das Werk Bruns hat hier dem hohen Doppelrohr ein ganz feines Solostück hinterlassen. Das Rundfunk-Sinfonieorchester Leipzig (Ltg. Heinz Rögner) geht ebenso unangestrengt mit seinen Stimmen um. Heraus kommt ein bemerkenswertes Instrumentalkonzert, das einen bedeutenden Platz im Repertoire der Oboisten verdient hätte.
Heike Eickhoff