Nissen, Georg Nikolaus
Biographie W. A. Mozarts
hg. und mit Anmerkungen versehen von Rudolph Angermüller
Der dänische Diplomat Georg Nikolaus Nissen (1761–1826) hat sich in die Musikgeschichte eingeschrieben als Kompilator der Biographie W. A. Mozarts nach Originalbriefen, Sammlungen alles über ihn Geschriebenen, mit vielen neuen Beylagen, Steindrücken, Musikblättern und einem Fac-simile, die 1829 erstmals bei Breitkopf & Härtel in Leipzig erschien. Nissen der zweite Ehemann Constanze Mozarts, die in der Erstausgabe als Herausgeberin figurierte war unterstützt worden durch den Salzburger Chordirektor Anton Jähndl und den Altöttinger Organisten und Komponisten Maximilian Keller; nach Nissens Tod besorgte der Dresdner Arzt Johann Heinrich Feuerstein die Edition. Einen monumentalen Materialhaufen nannte bereits Arthur Schurig die Publikation, die keine wirklich durchgängige Biografie bietet, sondern in der vor allem wie im Untertitel gesagt Dokumentarmaterial zusammengetragen ist, Dokumentarmaterial von unterschiedlichem Wert und unterschiedlicher Überlieferungsqualität.
Rudolph Angermüller hat sich sein Leben lang mit Mozart beschäftigt und ist mit Nissens Buch zutiefst vertraut, und so ist es besonders erfreulich, dass gerade er eine kommentierte Neuausgabe vorgelegt hat. Immer wieder ist der Reichtum der Kommentare eine mehr als erfreuliche Ergänzung des originalen Textmaterials, nicht nur durch die Erläuterung von Personalien, sondern auch von Zusammenhängen, die erst die neuere Mozart-Forschung aufgedeckt hat. So gewinnen diese historischen Quellen, selbst wenn viele von ihnen heute verloren sind, auch im Nachhinein noch deutlich an Wert. Auch werden allen bekannten Originalquellen die heute gültigen Standorte zugewiesen, wodurch Abweichungen zwischen Nissens Transkriptionen und dem originalen Wortlaut überprüfbar werden.
Leider werden solche Abweichungen aber nicht direkt kommentiert, und auch gedruckte Textquellen insbesondere von anderen als Mozart selbst sind häufig nicht erschlossen. Auch dass auf ergänzende Bebilderung verzichtet wurde, die verschiedene Abschnitte der Originalpublikation noch deutlich anschaulicher gemacht hätte, ist mit Blick auf den Umfang des Buches zwar nachvollziehbar, aber dennoch bedauerlich.
Die Anhänge (Bibliothekssiglen, ein Literaturverzeichnis, ein Werkregister sowie ein umfangreiches Namenregister) erschließen den Band sinnvoll, wenn auch nicht immer sehr benutzerfreundlich das Werkregister etwa gibt ausschließlich die KV-Nummern und keine Werktitel, das Literaturverzeichnis strotzt vor einer leider übergroßen Menge an Querverweisen.
In ihrer Art ist diese Veröffentlichung eine Publikation, mit der man sich länger und immer wieder befassen kann (und muss), und jedes Mal mit stets größerem Gewinn, da einem die Eigenheiten des Herausgebers zunehmend vertrauter und verständlicher werden oft zeugen sie von einem hohen Grad an Effizienz.
Jürgen Schaarwächter