Berlin Recital
Ausgebildet zunächst an einem Musikgymnasium in der Noch-DDR, nach der Wende an der Hanns-Eisler-Musikhochschule im vereinten Berlin und in Chicago, spielte Stefan Schulz Horn, ehe er zur Posaune wechselte. Nach verschiedenen Stationen in anderen Orchestern ist er seit 2002 Bassposaunist bei den Berliner Philharmonikern und lehrt als Professor an der UdK Berlin.
Da die Posaune im Gegensatz zum Horn oder der Trompete in der Orchesterliteratur kaum je ein Solo hat, lag es nahe, dass ein ambitionierter Musiker, der sonst im Orchester spielt, ein Solokonzert veranstaltete, um die Qualitäten der Bassposaune ins rechte Licht zu rücken. Diese CD ist ein Mitschnitt des Konzerts, das 2008 im Kammermusiksaal der Philharmonie stattfand.
In seiner Schulzeit sang Stefan Schulz im Chor, entdeckte seine Liebe zum Gesang und ist der Meinung, dass sich die Vier ernsten Gesänge von Johannes Brahms perfekt als Lieder ohne Worte eignen. Tun sie das wirklich? Mit betörend schönem Ton phrasiert Schulz makellos, hält sich akribisch an den originalen untransponierten Notentext und befolgt Agogik und vor allem Dynamik auf das Genaueste, kurz, er singt diese Gesänge, zuverlässig begleitet von Tomoko Sawano. Zudem ist der Text zum guten Verständnis abgedruckt. Und doch: Diese tiefgründige Symbiose von Wort und Musik, dieses altersweise Werk kann wohl nur ein Sänger überzeugend interpretieren.
Ein pures Vergnügen dagegen ist subZero Concerto for Bass Trombone des Schweizers Daniel Schnyder, ein virtuoses Feuerwerk mit schier unglaublichen Schwierigkeiten für dieses doch von Natur aus weniger agil scheinende Instrument. Hier ist ein Meister am Werk, unterstützt neben dem Klavier durch Violine, Marimba und Schlagzeug. Dazwischen zwei musikalisch weniger ergiebige, für die Posaune aber dankbare Originalkompositionen, und zum Schluss eine hübsche Zugabe: Lottas Lied für die Tochter eines Freundes.
Das Beiheft allerdings hätte mehr Sorgfalt verdient. Brahms wird allzu pauschal abgehandelt hier hätten die Umstände dieser seiner letzten Vokalkomposition interessiert, von Stjepan Sulek und Alexei Lebedev hätte man zu Anfang gern die Nationalität erfahren, die man sich im Laufe des Texts aber denken kann, und ist Daniel Schnyder dem Publikum wirklich bestens bekannt? Außerdem fehlen die Namen der englischen und französischen Übersetzer des deutschen Textes. Und ist es ein Kompliment für die kompetente Pianistin, die einige Preise gewonnen hat und sich durch feine Musikalität auszeichnet, wenn sie als führende Begleiterin von Blechbläsern bezeichnet wird? Im Zuge der Globalisierung gibt es die Überschriften nur noch auf Englisch und die ganze CD heißt Berlin Recital. Weiß jeder deutsche Käufer, dass Trombone auf Deutsch Posaune heißt?
Doch kommen wir zurück zur Musik: Alles in allem eine interessante Veröffentlichung, durch die man die Bassposaune kennen und ganz neu hören lernt.
Ursula Klein


