Reininghaus, Frieder
Bach ABC
Der vorliegende Band des bekannten Musikers, Musikpublizisten und -kritikers Frieder Reininghaus versammelt in der Hauptsache Beiträge, die für die Ausstrahlung im Deutschlandfunk im Umfeld von Bachs 250. Todestag im Juli 2000 entstanden sind und später auch in der Saarbrücker Zeitung in gekürzter Form abgedruckt wurden. Sie wurden hier ergänzt durch sieben weitere kurze Texte zum Thema Bach, die Reininghaus für andere renommierte Tageszeitungen und Rundfunksender verfasst hatte.
Dieses Bach ABC ist deshalb kein Lexikon. Es intendiere, so der Autor im Nachwort, nichts weniger als enzyklopädische Vollständigkeit oder wissenschaftliche Systematik. Es seien Mosaik-Steine und Appetithappen, die dazu anregen mögen, sich (erneut) mit Bachs Musik wie der Geschichte und Gegenwart ihrer Interpretation zu befassen, und das nach besten Kräften vom neuesten Forschungsstand.
So will der Band auch gelesen werden: als Folge von originell gefassten Schlaglichtern auf Bachs Leben und Werk, die keineswegs eine fortlaufende Lektüre verlangen, sondern bei denen jeder Text in sich abgeschlossen ist. Die aparte Gliederung nach Überschriften oder Stichworten in der Reihenfolge des Alphabets schreitet bewusst nicht Bachs Biografie und Schaffen chronologisch ab, sondern wirbelt die einzelnen Betrachtungen locker durcheinander. Dieses Prinzip der freien Assoziation und des Springens zwischen unterschiedlichen Themen und Betrachtungsweisen bestimmt auch den Inhalt der jeweils nur wenige Seiten langen Texte.
In ihnen verbindet Reininghaus, ein bekanntermaßen ebenso musikkundiger wie aufklärerischer, immer auch kritischer und die politischen Zeitumstände reflektierender Geist, eingehende Werkbeschreibungen mit einer modernen Sicht auf Bachs Biografie und vielfältigen Betrachtungen zur Aufführungspraxis und Rezeptionsgeschichte der Musik Bachs.
Da ist der Leser vor überraschenden Wendungen und Einschätzungen nie gefeit und das macht die Lektüre des Bandes denn auch interessant und spannend. Das gilt zum Beispiel für das Stück über die Johannespassion, in dem zunächst darüber diskutiert wird, ob es in diesem Werk antijudaistische Tendenzen gebe, dann aber eine eigene und durchaus spezielle Erfahrung des Autors bei einer Aufführung des Stücks beschreibt, bei der er selbst mitwirkte. Dass beim Text zu den Goldberg-Variationen natürlich auch deren legendärer Interpret Glenn Gould angesprochen wird, verwundert kaum.
Es ist ein Bach-Buch, das auf vielfältige Weise Denkanstöße zu Bach, seinem Dasein, seiner Musik und nicht zuletzt seiner Wirkung auf die Nachgeborenen vermittelt. Es überzeugt durch seine Sachkompetenz und seine geistreichen Wendungen und es lädt den Leser ein, den Autor auf seinen immer wieder auch persönlich gefärbten Wegen zu Bach zu begleiten.
Karl Georg Berg