Auftritt: 75 Jahre Ludwigsburger Schlossfestspiele
Eine Veröffentlichung der Ludwigsburger Schlossfestspiele Internationale Festspiele Baden- Württemberg
1932, als die Ludwigsburger Mozartgemeinde die Konzerte im Ordenssaal des Residenzschlosses auszurichten begann, hätte sicher niemand zu träumen gewagt, dass 75 Jahre später die Ludwigsburger Schlossfestspiele zu den bedeutendsten im deutschen Südwesten gehören würden. Es war damals nicht die Zeit für eine Vision eines international ausgerichteten Festivals vor den Toren Stuttgarts, sondern zuerst sollte das Residenzschloss kulturell belebt werden. Anlässlich des 75-jährigen Bestehens im Jahr 2007 ist eine ansprechend bebilderte Dokumentation entstanden, die die Geschichte des Festivals vielfältig und facettenreich nachzeichnet.
Dabei ist es sicher von Vorteil, dass man sich von Seiten der herausgebenden Ludwigsburger Schlossfestspiele entschieden hat, nicht nur eine Chronik vorzulegen, sondern den Band in die fünf Auftritte Festspiele, Spielorte, Spielarten, Spieler und abschließend die Chronik der Ereignisse aufzuteilen. 16 Autoren unterschiedlicher Provenienz, darunter auch der heutige Intendant der Schlossfestspiele Wulf Konold, wurden verpflichtet. Da eine Reihe von profilierten Autoren, die den Festspielen seit vielen Jahren treue, aber auch kritisch distanzierte Begleiter sind, gewonnen werden konnten, wird der affirmative-werbende Tonfall doch immer wieder durch die nötige Distanz zum Geschehen relativiert.
Ausgehend von der für den jungen Mozart wenig erfolgreichen Begegnung mit Herzog Carl Eugen zeichnet z.B. Ernst Elitz, der heutige Intendant des Deutschlandradios, die Liaison Ludwigsburgs mit den Werken des Wiener Klassikers nach. Wobei der Autor einerseits die Festspiele als Beispiel lebendigen bürgerlichen Engagements lobt, andererseits darauf hinweist, dass auch das Werk Goethes von den frühen Jahren an eine feste Größe im Festspielgeschehen bildet. Inzwischen hat sich zu Musik und Schauspiel auch das im Band gut vertretene Ballett hinzugesellt.
Dass Wilhelm Krämer, der die Geschicke des Festivals vierzig Jahre lang lenkte, Wolfgang Gönnenwein als Nachfolger aufbaute, war ein Glücksfall. Gönnenweins Verdienste als Organisator mit besten politischen Verbindungen führte zum internationalen Aufschwung der Festspiele. Der Wechsel zu Konold brachte dann manch neuen Akzent, wobei die Zusammenarbeit mit Michael Hofstetter die Einbeziehung des historisch informierten Musizierens und eine deutliche Steigerung der Qualität der Eigenproduktionen brachte.
Von besonderer Bedeutung waren indes seit 1972, dem Beginn der Ära Gönnenwein, die Aktivitäten im Ludwigsburger Schlosstheater. Uwe Schweikert zeichnet die weitgehend auf Mozart fokussierte Opernpflege nach. Große Solisten waren für Ludwigsburg als Zugpferde und für den Glanz eines international ausgerichteten Festivals immer wichtig. Stephan Hoffmann erinnert an Größen wie Claudio Arrau, Dietrich Fischer-Dieskau, Gidon Kremer, Jessye Norman oder Cecilia Bartoli, die für Kontinuität stehen, während die Präsenz von Nikolaus Harnoncourt, Sir John Eliot Gardiner oder Franz Brüggen für die Bedeutung der historisch informierten Aufführungspraxis stehen, der Ludwigsburg sich relativ früh öffnete. Ein ebenso informativer wie unterhaltsamer Band.
Walter Schneckenburger