Mozart, Wolfgang Amadeus
Ascanio in Alba
Festa teatrale in due parti
Am 27. Januar 2006 jährt sich der Geburtstag von Wolfgang Amadeus Mozart zum 250. Mal. Der Bärenreiter-Verlag Kassel nimmt dies zum Anlass, die Herausgabe sämtlicher Bühnenwerke Mozarts zu komplettieren. Man beschränkt sich jedoch nicht nur auf Erstveröffentlichungen bisher nicht im Druck erschienener Werke, es werden auch wie z. B. bei Don Giovanni der Klaviersatz und die deutsche Übersetzung überarbeitet.
1771 ließ Kaiserin Maria Theresia anlässlich der Hochzeit Erzherzog Ferdinand Karls mit Maria Beatrix von Este den erst 15-jährigen Mozart mit einer Komposition für die Feierlichkeiten beauftragen. Vermutlich innerhalb von nur drei Wochen vollendete Mozart seinen Ascanio in Alba am 23. September 1771. Die Uraufführung etwa einen Monat später im Teatro Regio Ducale in Mailand sowie die folgenden vier Vorstellungen brachten großen Erfolg. Trotzdem ist das Werk erst 1958 bei den Salzburger Festspielen wieder aufgeführt worden. Es ist wohl die schlichte Handlung (Venus plant die Hochzeit ihres Sohnes Ascanio mit Silvia, deren Tugendhaftigkeit zunächst durch einen ihr eingegebenen Traum auf die Probe gestellt wird), die wenig Raum für szenische Interpretation lässt und so einer Aufnahme in die Spielpläne entgegensteht. Im Jahr 2002 ist immerhin eine ansprechende Neueinspielung erschienen, die allerdings nur bei Zweitausendeins erhältlich ist.
Die Großartigkeit, die Mozart gerade bei der Gestaltung der Finali in späteren Werken erreichte, konnte er als 15-jähriger Komponist des Ascanio noch nicht aufweisen. Trotzdem zeugen auch hier schon die einzelnen Musiknummern von seinem genialen Gespür für Gestaltung und für musikalische Ausdrucksmöglichkeiten. Die 14 durchgehend anspruchsvollen Arien verlangen fünf Solisten, die nicht nur den hohen Anforderungen der Koloraturen, sondern auch den lyrischen und dramatischen Teilen der Partien gerecht werden können. Ein reich geforderter Chor der Genien, Hirten oder Schäferinnen kommentiert das Geschehen.
Es ist erfreulich, dass der Bärenreiter-Verlag auch bei diesem (zu) selten gespielten Werk bei der Erstellung des Klavierauszugs größte Sorgfalt hat walten lassen. Das detaillierte Vorwort von Dietrich Berke behandelt eingehend die Entstehung des Werks und führt sogar eine ausführliche Inhaltsangabe auf, was für ein Vorwort eher unüblich ist, bei unbekannten Werken aber hilfreich sein kann. Die benutzerfreundlichen Seitenverweise bei den Gesangspartien sollten, wie hier selbstverständlich mit eingearbeitet, zum Standard eines guten Klavierauszugs gehören.
Peter Brenner hat sich in seiner sehr gelungenen deutschen Übersetzung am poetischen Gestus des italienischen Originals orientiert. Oftmals gelingt eine wörtliche Übertragung, wo die Betonungen der Sprachen sich decken.
Der gut spielbare Klavierauszug von Karl-Heinz Müller ist beispielhaft in der Reduktion auf das Wesentliche, ohne dabei den orchestralen Satz oder die musikalischen Strukturen zu übergehen. Ein sehr sorgfältiges Lektorat (was man selbst im Hause Bärenreiter bei anderen Ausgaben manchmal vermisst!) rundet diese Ausgabe ab, dank derer zu hoffen ist, dass Mozarts Ascanio nun wieder mehr Aufmerksamkeit zuteil wird.
Wolfgang Wiechert