Johann Sebastian Bach
Arrangements & Transcriptions
von Jean-Baptiste Dupont, Max Reger und Alexandre Guilmant Jean-Baptiste Dupont (Orgel)
Schreiend poppig kommt das Cover daher, versprochen werden mehr als 76 Minuten „faustischer Klangvariationen“ mit Bearbeitungen der Instrumentalkompositionen von Johann Sebastian Bach für die Orgel; doch kann Jean-Baptiste Dupont, der Titularorganist an der Kathedrale von Bordeaux, das Versprechen auch am Cavaillé-Coll-Instrument der Kirche St. Sernin in Toulouse halten?
Eins vorweg: Die Überraschung ist ihm gelungen, wenn auch nicht faustisch und nicht poppig. Nein, Dupont hat Bach auf feinfühlige, geradezu überlegene Art auf die Orgel transkribiert und seine Sicht auf den Leipziger Thomaskantor neben die Bearbeitungen von Max Reger und Alexandre Guilmant gestellt – und das zu Recht.
Denn anders als das poppige Cover dieser CD ahnen, oder besser: befürchten ließ, erlag er nicht der Versuchung, Bach’sche Klänge schreiend zu modernisieren. Er spürt der inneren Logik nach und zeichnet ein wunderbar transparentes Bild seiner Kontrapunktik. Und so ist es auch folgerichtig, dass das „Ricercar a 6“ aus dem Musikalischen Opfer diese Aufnahme ein- und ausläutet. Erst verhalten sanft, dann im Organo Pleno, aber immer genau den Linien folgend, stets sauber durchhörbar. Den Farbenreichtum der romantischen Cavaillé-Coll-Orgel nutzt Dupont stets mit einer bewundernswerten musikalischen Logik und erliegt nicht der Verlockung, farbig zu übertreiben (das hatte das Cover unterschwellig suggeriert).
Sein Spiel nimmt gefangen, Dupont führt sicher durch den Reichtum an Motiven und Verknüpfungen. Die Orgel wird unter seinen Händen und Füßen zum Panoptikum an Schattierungen. Da gerät die Chaconne aus der Partita für Violine Solo zum kammermusikalischen Kabinettstückchen, leicht säuselnd zu Beginn, fest zupackend in den dichten Passagen. Mal sorgt ein Orgelpunkt im Pedal für mehr Tiefe, mal nutzt er die flötenden Register des Positif der dreimanualigen Orgel, um dem Klang mehr Raum und Tiefe zu geben. Er vergrößert somit das Klangbild, ohne zu verdecken und die Chaconne erhält auf einmal eine Transparenz, die das Original nur andeuten kann.
Flankiert werden die eigenen Bearbeitungen von Bachs Schübler-Chorälen 4 und 6 und der Bearbeitung von Alexandre Guilmant der einleitenden Sinfonie zur Kantate Wir danken dir Gott, wir danken dir BWV 29 sowie Max Regers Bearbeitung des Präludiums und Fuge b-Moll aus dem Wohltemperierten Klavier. Und auch als Interpret fremder Werke zeigt Dupont stilsicheres Gefühl für Registrierung und Akzentsetzung an der großen Orgel. Eine Aufnahme, die von Anfang bis Ende keine Längen, keine Banalitäten kennt, die Spaß macht, auch wenn man kein eingeschworener Bach-Liebhaber ist. Chapeau!
Markus Roschinski


