Mohrs, Rainer / Elmar Preusser (Hg.)
Appassionato
25 originale Vortragsstücke für Violoncello und Klavier, mittelschwer, Partitur und Stimme
Mag auch nicht in jedem der 25 Werke, die dieser Band enthält, derselbe Grad an Leidenschaftlichkeit glühen, so liefert die Vortragsbezeichnung Appassionato durchaus einen passenden Titel für diese Anthologie mittelschwerer Stücke, mit dem die Herausgeber an Arietta, eine 2016 erschienene Sammlung leichter Stücke, anknüpfen.
Allemal sind wir, Schüler wie Lehrer, eingeladen, uns mit Passion der Erarbeitung der lohnenden Stücke zu widmen. Eine Fundgrube bereitzustellen erklärtes Ziel der Herausgeber ist wahrhaft gelungen, denn die Palette der Werke reicht historisch von der Barockzeit bis ins Jahr 1989 und andererseits von populären bis zu nachgerade vergessenen Kompositionen.
Vivaldis (leidenschaftliche!) e-Moll-Sonate steht am Beginn des chronologisch geordneten Bandes. Mit leichtem Bedauern registrieren wir, dass Walter Kolneders jahrzehntealte Continuo-Aussetzung hier nochmals tradiert wurde. Eine weniger romantisierende Neufassung wäre wünschenswert gewesen. In der anschließenden G-Dur-Sonate op. 40/3 von Bréval verglichen mit der berühmten C-Dur-Sonate ein selten zu hörendes Werk wurde dankenswerterweise von einer schlanken Continuo-Version Gebrauch gemacht. Das späte 18. Jahrhundert ist mit Beethovens ursprünglich für Mandoline geschriebener, der Cello-Idiomatik jedoch freundlich gesinnter c-Moll-Sonatine vertreten. Aus der Zeit der Romantik enthält der Band eine Reihe von Highlights: Mendelssohns Lied ohne Worte, Schumanns Fantasiestücke, Faurés Sicilienne, die Gavotte von Popper, Saint-Saëns Allegro appassionato und nicht zuletzt den unverwüstlichen Schwan.
Daneben begegnen wir weniger (oder auch gänzlich un-)bekannten Piècen wie Jacques Offenbachs Fantasie über Themen aus Figaros Hochzeit (mit allerliebsten Überleitungspassagen à la Parisienne), einigen charmanten Stücken von Georg Goltermann und einer Adaption der Violinromanze von Max Reger. Kompositorisch vergleichsweise schlichter gestrickt, aus cellistischer Sicht jedoch allemal dankbar sind die Walzer aus der Feder des Dresdner Cellisten August Nölck (1862-1928) und zwei Salonpiècen des aus Neuseeland stammenden und als Pädagoge in London zu Ruhm gekommenen Arnold Trowell.
Appassionato schließt mit einer Komposition von Barbara Heller (geb. 1936), hinter deren kindliche Assoziationen weckendem Titel Lalai, Schlaflied zum Wachwerden? sich eine Anklage gegen das Unrechtsregime im Iran der 1980er Jahre verbirgt: ein eindrucksvolles, deutlich auf die Wirkung von Borduntönen abzielendes und zugleich das vorgegebene technische Level mittelschwer durchaus nicht übersteigendes Stück neuer Musik.
Der Band enthält eine separate (Cello-)Continuo-Stimme zu den Sonaten von Vivaldi und Bréval. Fingersatz- und Stricheinrichtungen in der Cellostimme sind allesamt tadellos. Eine insgesamt geglückte Publikation, zumal der Begriff sei ausnahmsweise gestattet unter Preis-Leistungs-Gesichtspunkten.
Gerhard Anders