Mozart, Wolfgang Amadeus
András Adorján spielt Mozart
Flötenkonzert D-Dur KV 314/Symphonie concertante Es-Dur KV 297b
Mozart feierte seine größten Triumphe in den beiden Gattungen Konzert und Oper, in denen zur Steigerung der dramatischen Wirkung die Stimme der Einzelnen dem Gruppenklang gegenübergestellt ist. Auf der vorliegenden CD finden sich zwei herrliche Beispiele für die Verwendung dieses Ausdrucksmittels im Konzert.
Das Booklet wirbt explizit für die bei Henle zumeist von András Adorján editierten Urtext-Neuausgaben der Mozartschen Werke für Flöte und Orchester. Das ist wohl auch der Anlass, die beiden Aufnahmen mit Adorján aus dem Jahr 1984 jetzt auf CD zu pressen. In einem interessanten, erst kürzlich für das Booklet geführten Interview beantwortet er profund Fragen über die Mozartschen Kompositionen für Flöte.
András Adorján spielt sehr gekonnt, wundervoll begleitet vom Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, aber natürlich auf der Böhmflöte, und liefert die althergebrachte und auch derzeit meist übliche Mozart-Interpretation. Adorjáns virtuose und ideenreiche Kadenz im 1. Satz des Flötenkonzerts erscheint mit einem Fünftel der Satzlänge als etwas übergewichtig und sprengt architektonisch die Struktur des Satzes. Nach historischen Gesichtspunkten sollte eine Bläserkadenz, da sie ja einstimmig ist, nicht länger sein als Mozarts eigene Kadenzen zu seinen Klavierkonzerten (siehe etwa Eva und Paul Badura-Skoda: Mozart-Interpretation, Wien 1957). Solisten bemühen sich deshalb improvisierend die emotionale Spannung des Satzes zu unterstützen und nicht zu zerreden, um die Gesamtwirkung zu bewahren.
Bei der Aufnahme der Symphonie concertante handelt es sich um einen Livemitschnitt. Die Solisten wählen für Kadenz und Eingänge aus den von dem exzellenten Mozart-Experten Robert Levin vorgeschlagenen Beispielen aus und machen virtuos Musik, besonders im letzten, dem Variationensatz. Die damaligen Solisten des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks András Adorján (Flöte), Bruno Schneider (Horn) und Rainer Seidel (Fagott) und des Bayerischen Staatsorchesters München Simon Dent (Oboe) musizieren hörbar gut aufeinander eingespielt und mit klarer Konzeption. Der Qualität der Liveaufzeichnung ist es wohl zuzuschreiben, dass die Streicher konstant etwas zu leise und auch besonders weich und konturenlos klingen.
Mozart schreibt in seinen Briefen von einer Symphonie concertante in Es-Dur für Flöte, Oboe, Horn und Fagott. Im 19. Jahrhundert ist jedoch zunächst nur eine Fassung für Oboe, Klarinette, Horn und Fagott aufgetaucht. Levin hat sie für die originale Besetzung rekonstruiert, und so findet man sie auch auf dieser CD. Im Gegensatz zu den zahllosen Aufnahmen des Flötenkonzerts sind von dieser Version der Symphonie concertante Es-Dur erst wenige Einspielungen auf dem Markt, und schon allein deswegen ist die CD von Interesse.
Barbara Rosnitschek