Goepfart, Otto Ernst
Andante religioso
für Oboe und Orgel
Diese beiden Werke für Oboe und Orgel, beide nicht neu, aber angenehm lesbar wieder aufgelegt, sind gefühlvoll und unterhaltend. Beide, das eine ein kleines Füllstück von zwei Minuten Länge, das für zarten Schmelz im Programm sorgt, nämlich Goepfarts Andante religioso, das andere, Koesslers Allerseelen, kompositorisch anspruchsvoller angelegt, doppelt so lang, aber ebenso angenehm die Ohren kitzelnd, ergänzen die Literatur für Oboe und Orgel auf liebenswerte Art.
Goepfarts kurzes Werk besteht aus einer kleinen Oboenmelodie, die sich selbst gern zitiert und von einer braven Orgel begleitet wird. Dem Organisten bleiben nur wenige solistische Takte, um ein bisschen zu zaubern, der Oboist kann am Ende auf einem langen f je nach Laune eine kleine Kadenz unterbringen. Ein f”’ krönt im Forte das expressive Streben des Oboisten. Insgesamt vorhersehbare Melodik, die aber durchaus reizvoll ist. Wer sich das große Pathos verkneift, hat hier ein sehr dankbares kurzes Vortragsstück, das man guten Gewissens auch einem noch nicht übermäßig virtuosen Schüler, der einmal ein Programm mit Orgel erarbeiten möchte, empfehlen kann.
Hans Koessler, ein Schüler Rheinbergers und Kompositionslehrer Kodálys und Bartóks in Budapest, hat Allerseelen etwas strenger angelegt und schafft mit ein paar Modulationen verträumte, nachdenkliche Stimmung. Überwiegend in f-Moll setzt Koessler auf den etwas weniger strahlenden, stattdessen fast melancholischen Klang der Oboe. Ab und an darf ein Vorschlag gespielt werden, manchmal leiten Triolen den Fluss der Melodik um.
Der Organist wird hier mit einer professionellen Orgelstimme konfrontiert und kann sein großes Instrument ein bisschen klingen lassen. Trotzdem ist auch dieses Werk kein virtuoses Husarenstück, sondern eine besinnliche kleine Nummer für zwei Musiker, die sich gern auch einmal zurücknehmen. Die Orgel hat eine Introduktion von immerhin knapp acht Takten, ehe die Oboe zur recht nachdenklichen solistischen Kantilene ansetzt. Manchmal laufen Oboe und Orgel unisono. Das ist weniger kompositorische Einfallslosigkeit Koesslers als ein cleverer Kunstgriff, um den Klang innig und intim zu halten. Immer geht es hier sanft drängend weiter, fließend ergibt sich die eine Phrase aus der anderen. Ein schönes Kleinod, das einen Gottesdienst veredeln kann und dem fleißigen Schüler ebenso gut gefallen wird wie dem professionellen Oboisten. Der Zuhörer wird es sicher genießen, zumal wenn Allerseelen in dunkler Jahreszeit im stimmungsvollen Rahmen einer Kirche ausgeführt wird und die Musiker das richtige Maß zwischen Zurückhaltung und großer musikalischer Geste finden.
Heike Eickhoff