Mozart, Wolfgang Amadeus
Andante C-Dur KV 315
für Flöte und Orchester, Partitur
Von diesem zu Recht bekannten und beliebten Stück gibt es eine zweistellige Zahl von Ausgaben für Flöte und Klavier. Die Besetzung ist überschaubar: zwei Oboen, zwei Hörner und Streicher wozu braucht man da überhaupt eine Partitur?
Bei Henle gibt es seit 2000 einen Klavierauszug, der diese Frage gleich am Anfang beantwortet. Im ersten Takt klingen Hörner und Oboen in Vierteln, während die Streicher pizzicato spielen, der Klaviersatz bietet nur Viertel an, wenn auch mit der Angabe Archi pizz.. Mit Partitur weiß man besser, wie das klingen muss. Oder man kann das c’ auf dem ersten Viertel des dritten Takts, das nicht in den Noten steht, mit gutem Gewissen weglassen. Es gibt sicher noch mehr Stellen, die den Nutzen einer Partitur belegen, und dass jetzt von Henle/ Breitkopf eine vorgelegt wird, die ausschließlich dem Autograf folgt, das hört sich dann doch sehr vielversprechend an.
Das von Henrik Wiese herausgegebene Heft ist augenfreundlich auf leicht getöntem Papier gedruckt, das Vorwort deutet den verwickelten Hintergrund der Entstehung an. Der Kritische Bericht fällt den Umständen entsprechend kurz aus, für Takt 38 muss es aber wohl statt pia[no] pizzicato heißen (vgl. die Anmerkung im Kritischen Bericht der NMA).
Motiviert durch das Mozartjahr erscheinen gegenwärtig praktische Neuausgaben der Flötenwerke Mozarts parallel bei Bärenreiter, dem Hort der Neuen Mozart Ausgabe, und bei Henle, hier in Kooperation mit Breitkopf & Härtel, die mit ihrer neuen Editionsreihe Breitkopf Urtext Mozarts Werke nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen in Urtext-Ausgaben der Musikpraxis zur Verfügung stellen wollen.
Da den Partitur-Ausgaben beider Verlage das Autograf zugrunde liegt, bietet sich ein kurzer Vergleich an. Neben Unterschieden bei Textzusätzen (beispielsweise bei der Beschriftung der Violastimme schreibt Mozart Viole, Bärenreiter Viola I, II und Henle nur Viola), einigen unterschiedlichen Bogensetzungen und Vorschlagsnotationen, fallen vor allem die unterschiedliche Behandlung (und die unterschiedlichen Orte) der Tonlängen-Bezeichnungen auf. Bei Henle/Breitkopf gibt es wie bei Mozart zwei unterschiedliche Zeichen, nämlich Strich und Punkt, bei Bärenreiter nur Punkte, obwohl die NMA-Editionsrichtlinien dazu raten, beide Zeichen wiederzugeben, da sie eine unterschiedliche Bedeutung haben: Der Punkt macht die Note eher leicht, der Strich gibt ihr mehr Gewicht, ein geradezu augenfälliges Zeichen also, dessen Mozart sich gerne bedient. Es spricht für die Henle/Breitkopf-Ausgabe, dass diese differenzierende Bezeichnung natürlich auch im Klavierauszug beibehalten wurde.
Nicht, dass die Unterschiede zwischen den beiden Partituren zu wesentlichen Änderungen der Gestalt des Stücks führen würden; aber da das Autograf, wie es im Vorwort heißt, sehr sauber und fast korrekturlos niedergeschrieben ist, weckt der Vergleich doch den Wunsch, zusätzlich Zugang zum Autograf zu erhalten (etwa in Form einer Studienpartitur). Das wäre nun wirklich eine besondere Attraktion zum Mozartjahr!
Ursula Pesek