Albert Lortzing/Wolfgang Amadeus Mozart

Jubel-Kantate/Ouvertüre zur Oper „Die Zauberflöte“/Sinfonie in Es-Dur

Philharmonisches Orchester Altenburg-Gera, Ltg. Laurent Wagner

Rubrik: CDs
Verlag/Label: H.A.R.M.S.
erschienen in: das Orchester 04/2018 , Seite 65

Nach über 170 Jahren fand am 29. September 2014 die erste öffentliche Aufführung eines wichtigen Gelegenheitswerks von Albert Lortzing durch das Symphonieorchester Osnabrück statt. In seinem Buch Lortzings Jubel-Kantate: Die Geschichte einer verloren geglaubten Partitur (Salier Verlag, Leipzig 2014) beschreibt Jens Oberheide die abenteuerliche Wiederentdeckung einer Abschrift des Opus in der Landesbibliothek Detmold. Die nun vorliegende Ersteinspielung der Jubel-Kantate wurde unter anderen vom Verein der Orchesterfreunde Gera ermöglicht.
Es war die Idee von Generalmusikdirektor Laurent Wagner, zum 275. Bestehen der Altenburger Freimaurer-Loge „Archimedes“, einer der ältesten im deutschen Raum, Lortzings Jubel-Kantate LoWV 49 mit zwei freimaurerisch assoziierten Werken Wolfgang Amadeus Mozarts zu kombinieren: der hier vom Philharmonischen Orchester Altenburg-Gera betont straff genommenen Ouvertüre zur Zauberflöte und einer schön konturierten Wiedergabe der Es-Dur-Sinfonie KV 543.
Es ist schade, dass man sich mit so stimmigen Vokalsolisten nicht noch für Mozarts Kleine Freimaurer-Kantate erwärmen konnte, was für den Vergleich des thematischen Gehalts und der internen Anliegen verschiedener Freimaurer-Logen weitaus sinnfälliger gewesen wäre. Die Jubel-Kantate war ein Auftragswerk für die Feier des 100. Stiftungs­festes der Loge „Minerva zu den drei Palmen“ 1841 in Leipzig.
Der Text von August Ludwig Mothes (1794-1856, laut Deutscher Biographie Gerichtsdirektor und Konsulent der Kramerinnung in Leipzig) richtet aus der Perspektive des ethischen Ideals den Blick auf die pragmatische Realität. Der Säch­sische Kammerchor (Leitung: Fabian Enders) und der Kammerchor der Hochschule für Musik Weimar „Franz Liszt“ (Leitung: Jürgen Puschbeck) werden zu wohltönenden Geistern, die wie Schillers Genius im Lied von der Glocke zu Pflicht und innerer Freude rufen. Das männliche Solisten-Quartett (Martin Lattke, Yu-Yen Lai, Kai Wefer, Andrii Chakov) sonnt sich am Ende des etwa 23-minütigen Werks in der Beglückung durch Bildung, Gemeinwohl und Arbeit. Meister und Gesellen vereinen sich zu einem die Weisheitsgöttin Minerva und „echtes Maurer-Werk“ verherrlichenden „Chor der Gegenwart“.
Die Weltersteinspielung bereichert überraschend als spannende und wichtige Dokumentation das Profil des inzwischen fast gänzlich vom Repertoire- zum Raritäten-Komponisten abgedrängten Albert Lortzing. Neben dessen politischem Anspruch in der Revolutionsoper Regina und dem romantischen Durchbruch Undine zeugt das Auftragswerk von Lortzings Aktivität und Realitätsnähe. Es wäre wieder an der Zeit, seine oft als fast kunstferner Pragmatismus unterschätzte Wachheit zu würdigen. Diese Einspielung leistet einen wichtigen Beitrag dazu. Einmal mehr ist dem Philharmonischen Orchester Altenburg-Gera ein ausstrahlungsstarker Wurf gelungen.
Roland H. Dippel

Page Reader Press Enter to Read Page Content Out Loud Press Enter to Pause or Restart Reading Page Content Out Loud Press Enter to Stop Reading Page Content Out Loud Screen Reader Support