Johann Friedrich Agricola
Achille in Sciro
Angelo Giordano, Julia Gromball, Joel Vuik, Nicolas Ziélinski, Leila Grace Hills, Miriam Zubieta, Opernchor des Theaters Altenburg Gera, Philharmonisches Orchester Altenburg Gera, Ltg. Gerd Amelung
Von den Kompositionen von Johann Friedrich Agricola (1720–1774) sind auf CD einige wenige Kantaten greifbar, ansonsten ist er eher als Autor den an der Musik des 18. Jahrhunderts Interessierten bekannt. Seine Anleitung zur Singkunst, 1757 erschienen, wird in einem Atemzug mit wichtigen Quellenwerken zur Aufführung von Musik des 18. Jahrhunderts wie denen von Quantz (Versuch einer Anweisung, die Flöte traversière zu spielen) oder Carl Philipp Emanuel Bach (Versuch über die wahre Art, das Clavier zu spielen) genannt. Agricola, 1720 in Dobitschen im thüringischen Herzogtum Sachsen-Gotha-Altenburg geboren, wirkte ab 1751 in Berlin als Hofkomponist König Friedrichs II. 1765 erhielt er den Auftrag, die Festoper Achille in Sciro anlässlich der Vermählung des späteren Königs Friedrich Wilhelm II. mit der Prinzessin Elisabeth von Braunschweig zu komponieren. Das Theater Altenburg Gera hat sich im Jahr 2024 des vergessenen Werks erstmals wieder nach seiner Uraufführung angenommen. Die vorliegende CD-Ersteinspielung ist eine aufnahmetechnisch überzeugende Studioproduktion auf Grundlage der Theaterproduktion.
Achille in Sciro nutzt ein Libretto von Pietro Metastasio, das pikanterweise schon als Hochzeitsoper für Maria Theresia, die spätere österreichische Kaiserin und Erzfeindin von Friedrich II., gedient hatte. Metastasio thematisiert im Rückgriff auf die griechische Mythologie den Konflikt zwischen Pflicht und Neigung. Nach einem Orakelspruch kann Troja nicht ohne Achill eingenommen werden, der aber im Kampf sterben muss. Deshalb wird der junge Achill als Mädchen verkleidet auf der Insel Skyros bei König Lykomedes und seiner Tochter Deidamia versteckt. Natürlich verliebt sich Achill in die Königstochter. Um den verhinderten Krieger Achill an seine Aufgabe im Krieg gegen Troja zu erinnern, kommt Odysseus nach Skyros, wo Achill sich zwischen Kampf oder Liebe entscheiden muss.
Mit Gerd Amelung steht ein versierter Barock-Dirigent am Pult des auch in ungewohnteren Klanggefilden überzeugenden Philharmonischen Orchesters Altenburg Gera. Aufhorchen lässt die beachtliche Sängerbesetzung der CD. Agricola benötigte fünf Kastraten für seine Oper, auf der Einspielung überzeugen drei Countertenöre mit ihren Koloraturkünsten ebenso wie ihrer souveränen Höhe auf beachtlichem Niveau: Angelo Giordano ist der zwischen Pflicht und Neigung schwankende Achill – Joel Vuik als Ulisse und der französische Countertenor Nicolas Ziélinski (Teagene) runden den Reigen der guten Countertenöre ab. Als umworbene Deidamia kann sich die Sopranistin Julia Gromball ebenso bewähren wie der Tenor Jasper Sung als ihr königlicher Vater.
Thomas Weiss


