A Gershwin Night

Werke von George Gershwin, Marcus Roberts und Paul Lincke

Rubrik: DVDs
Verlag/Label: EuroArts 2053098
erschienen in: das Orchester 07-08/2005 , Seite 95

Seit über 20 Jahren geben die Berliner Philharmoniker das letzte Konzert der Saison in der Waldbühne. Das Amphitheater im Grunewald ist immer wieder Anziehungspunkt für viele tausend Besucher, um neben Rock, Pop und Open-Air-Kino auch klassische Musik unter freiem Himmel zu erleben. Das Konzert am 29. Juni 2003 stand unter dem Motto „A Gershwin Night“. Der Konzertabend wurde mit der Tondichtung An American in Paris eröffnet, die George Gershwin 1928 nach seiner Europareise komponiert hatte. Die Rhapsody in Blue von 1924 verhalf ihm zum Durchbruch in der Ernsten Musik, bei der Premiere saß der Komponist selbst am Klavier.
Für die Aufführung des Concerto in F konnte Seiji Ozawa den jungen Pianisten Marcus Roberts und dessen Jazz-Ensemble gewinnen. Ozawa, einer der gefragtesten Dirigenten weltweit und seit der Saison 2002/03 Musikdirektor der Wiener Staatsoper, ist langjähriger Gastdirigent der Philharmoniker. 1997 hörte er das Marcus Roberts Trio zum ersten Mal und entschloss sich, mit den Musikern gemeinsam in Europa zu konzertieren. 1996 veröffentlichte Roberts das Grammy-nominierte Album Portrait in Blue mit Gershwin-Bearbeitungen für Jazzband und Orchester. Neben ihm ergänzen der Bassist Roland Guerin und der Schlagzeuger Jason Marsalis das Trio, was seit 1995 existiert.
Die DVD enthält einen kurzweiligen, informativen Bonus-Track, in dem die Jazz-Musiker vorgestellt werden. Wichtig ist ihnen, die Balance untereinander zu wahren. Bass und Schlagzeug haben nicht nur Begleitfunktion im Trio, sondern können ebenso z.B. Tempo oder Stimmung verändern und der Musik eine neue Richtung geben. Gershwins Klavierkonzert und „I Got Rhythm“ aus dem Broadway-Stück Girl Crazy von 1930 erklingen in reizvollen, neuen Arrangements. Die technisch virtuosen Solo-Improvisationen der drei Musiker verbinden Traditionalismus und Fantasie ästhetisch wie intellektuell äußerst erfrischend.
Marcus Roberts’ eigene Komposition Cole After Midnight ist ein energetisch geladenes Meisterstück. Das Musical Strike Up The Band parodiert amerikanische Verhaltensweisen und wurde 1927 nach der ersten Probe abgeblasen, drei Jahre später erlebte das Stück ein Revival und wurde zum Erfolg. Unter Ozawas jugendlich-schwungvollem Dirigat spielen die Philharmoniker zum Abschluss Paul Linckes Klassiker Berliner Luft, was die Zuhörer unwillkürlich zum spontanen Mitpfeifen und Klatschen anregt. Nicht allein musikalische Grenzen verschwimmen an diesem Abend in der Waldbühne, viele junge Gesichter sind im Publikum zu sehen. Angenehm ist es auch, Musiker und Besucher verschiedener Nationalitäten zu erblicken, die beim gemeinsamen Musizieren und Zuhören unverkennbar Freude haben. Geschickte Kameraführung und das Breitwand-Format vermitteln einen äußerst lebendigen Eindruck der mitreißenden Atmosphäre des Sommerkonzerts. Man könnte sich wünschen, dabei gewesen zu sein.
Juliane Bally

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