Kabelac, Miloslav

8 Invenzioni op. 45

per strumenti a percussione (per 6 esecutori)

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Bärenreiter, Prag 2009
erschienen in: das Orchester 03/2010 , Seite 67

Im Rahmen einer Kritischen Gesamtausgabe des Gesamtwerks von Miloslav Kabelác (Herausgeber: Zdenek Nouza) wurde eine seiner bekanntesten Kompositionen, die acht Inventionen für Schlaginstrumente op. 45, von Bärenreiter neu aufgelegt. Dieser Klassiker der Literatur für Schlagzeugsextett wurde 1962 für das Ensemble “Les Percussions de Strasbourg” geschrieben und im April 1965 uraufgeführt.
Jede der acht Inventionen hat ihren eigenen Charakter, in ihrer Abfolge sind sie kontrastierend angeordnet. Ruhigen Stücken mit mäßigem Tempo (Corale – Recitativo – Lamentoso – Aria) werden jeweils lebhaftere Stücke (Giubiloso – Scherzo – Danza – Diabolico) gegenübergestellt. Kabelác selbst nennt als Inspirationsquellen für einzelne Inventionen Gregorianik (1. Invention) und serielle Musik (7. Invention). In Danza und Scherzo stehen rhythmisch-metrische, in Rezitativo melodische Aspekte im Vordergrund.
Giubiloso bezeichnet Kabelác als Klangfarbenstudie. Insbesondere aber auch seinem Interesse an außereuropäischen Musikkulturen wollte er in diesem Werk Rechnung tragen. Im 21. Jahrhundert wohl nicht mehr so nachvollziehbar, galt sicher für die Entstehungszeit des Werks, dass allein einer Komposition nur für Schlaginstrumente – die ja zum großen Teil aus fremden Musikkulturen stammen – an sich schon eine gewisse Exotik anhaftete. Aber nicht nur im Hinblick auf die Instrumentation, sondern auch in melodischer Hinsicht (Verwendung eines Klagegesangs aus Neu-Guinea) ist diese Affinität offenkundig. Das 19 Minuten dauernde Werk wurde und wird nicht nur konzertant, sondern oft auch als Musik für Ballett bzw. Tanztheater aufgeführt.
Es existieren für die Stücke keine Einzelstimmen, sondern eine Spielpartitur mit Auslassungen der Tacet-Passagen einzelner Stimmen. Dies hilft zwar den Interpreten bei der Einstudierung des Werks, macht es aber schwer, wenn nicht unmöglich, bei der Aufführung aus dem Notenmaterial zu spielen. Die Interpreten sollten auswendig spielen oder sich eine individuelle Einzelstimme erstellen.
Die vorliegende Ausgabe entspricht dem Autograf mit einigen von Kabelác nach der Uraufführung vorgenommen Änderungen. Die Notation ist streng proportional (einer Zeiteinheit [Pulsschlag] entspricht eine Längenangabe in Zentimetern) und sehr gut zu lesen.
Das Werk ist im Schwierigkeitsgrad immer noch als anspruchsvoll bis schwer einzuordnen. Allerdings ist gerade im Schlagzeugsektor das spieltechnische Niveau in den vergangenen Jahrzehnten sehr gestiegen, sodass bei entsprechend kompetenter Anleitung die acht Inventionen durchaus auch für sehr gute Ensembles im nicht-professionellen Bereich (“Jugend musiziert”) realisierbar sind.
Axel Fries