Haydn, Joseph

6 Streichquartette op. 64 Hoboken III: 63-68

Urtext, Partitur und Stimmen

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Peters, Frankfurt am Main 2006
erschienen in: das Orchester 02/2007 , Seite 85

Musikverlage rüsten allmählich zum Haydn-Jahr 2009. Mit dem Anspruch, eine neu durchgesehene, auf den letzten wissenschaftlichen Stand gebrachte Urtext-Ausgabe der sechs Streichquartette op. 64 Hob. III:63-68 Joseph Haydns bewerkstelligt zu haben, erschien jüngst eine neue Notenausgabe im traditionellen Design. Als Herausgeber stellte sich Simon Rowland-Jones zur Verfügung, als wissenschaftlichen Mitarbeiter hatte dieser David Ledbetter an seiner Seite.
Bevor der neugierige Streicher in die Noten der sechs Quartette hineinschaut, kann es passieren, dass er bei dem dreisprachig verfassten und sehr ausführlichen Vorwort von jeweils zehn Seiten der Partitur hängen bleibt. Dort werden nicht nur die Umstände der Entstehung von Opus 64 im Jahr 1790 festgehalten, sondern auch wichtige und kaum zu ignorierende Aspekte zur Editionspraxis und ausführliche, für den Praktiker unerlässliche „Anmerkungen zur Aufführung“ besprochen, insbesondere „Genre, Stil und Charakter“, „Tempo und Rhythmus“, „Tonhöhe und Intonation“, „Bogenführung und Artikulation“ mit einbezogen. Aber auch Besonderheiten der haydnschen Verzierung sowie dessen Dynamik werden nicht außer Acht gelassen. Punkte, auf die wie selbstverständlich, aber mit kaum störender Zurückhaltung von Zeit zu Zeit aufmerksam gemacht wird. Ein beeindruckender, minutiös und akribisch ausgearbeiteter, leider nur auf Englisch verfasster achtzehnseitiger „Kritischer Bericht“ rundet den wissenschaftlich-theoretischen Teil ab.
Hauptaugenmerk der vorliegenden Edition ist für den Herausgeber eine „konservative“ Vorgehensweise, welche die Freiheit respektiert, „die Haydn den Ausführenden ließ, statt zu versuchen, die oft widersprüchlichen Angaben in den frühen Ausgaben durch ein übergreifendes Schema zu ersetzen“ (Vorwort). Trotzdem wird in dieser Urtextausgabe auf die ursprüngliche, von Haydn beabsichtigte und korrekte Reihenfolge mit dem D-Dur-Streichquartett als letztem Werk verzichtet. Diese Ausgabe folgt der üblichen Reihenfolge mit dem Es-Dur-Werk als Abschluss, das vom Erstherausgeber Leopold Koz?eluch vermutlich irrtümlich vertauscht wurde.
Während diese Kleinigkeiten einen Praktiker wohl kaum interessieren, ist für diesen dagegen das Notenmaterial und dessen bequeme Spielbarkeit von großer Wichtigkeit. So fallen positiv ins Gewicht die zahlreichen, auffaltbaren Seiten der einzelnen Stimmen, worauf insbesondere in den älteren Ausgaben leider oft genug verzichtet wurde. Weiterhin fällt angenehm das übersichtlich und gut leserlich gehaltene, keineswegs überladene Schriftbild sowie das klar gestochen wirkende Layout ins Auge. Etwas störend ist die im angloamerikanischen Sprachraum übliche Kleinschreibung der römischen Ziffern bei den einzelnen Satzteilen, die einen manchmal ins „Stolpern“ bringen kann.
Werner Bodendorff