Werke von Josef Kail, Jacques François Gallay, Joseph Forestier und anderen

200 Jahre Ventile con variazioni

Krisztián Kováts (historische Trompeten, Kornette und Flügelhörner), Yukie Togashi (Hammerklavier, Konzertflügel)

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Thorofon CTH2617/2
erschienen in: das Orchester 12/2015 , Seite 82

Den Versuch eines „klingenden Musikmuseums“ nennt der ungarische Trompeter Krisztián Kováts die beiden von ihm aus Anlass des 200. Jahrestags der Erfindung des (Bläser-)Ventils eingespielten CDs. Dieses Bild scheint recht passend, sind auf diesen Tonträgern doch jede Menge interessanter „Ausstellungsstücke“ versammelt, die einem klar eingrenzbaren Thema gewidmet sind und durch ein nicht minder wichtiges Begleitheft in den historischen, musikgeschichtlichen und technischen Zusammenhang gestellt werden.
Der Ende 1814 verfasste Brief eines gewissen Heinrich Stölzel an den preußischen König Friedrich Wilhelm III. stellt nach allgemeinem Verständnis die Geburtsurkunde des Bläserventils dar, das in der Folge und noch während seiner endgültigen technischen Vervollkommnung einen raschen Siegeszug im Musikleben antrat. In einem eh schon für technologische Neuerungen aufgeschlossenen 19. Jahrhundert stellte es im Instrumentenbau eine der zentralen Innovationen dar, an denen schon fünfzig Jahre später niemand mehr vorbei konnte. Und so wie der moderne Konzertflügel bei der Wiedergabe von Klaviermusik aller Epochen noch zur Mitte des 20. Jahrhunderts als der Standard betrachtet wurde, kam zu dieser Zeit eigentlich kaum mehr jemand auf die Idee, Musik auf Blechblasinstrumenten ohne Ventile aufzuführen.
Krisztián Kováts und seine Klavierpartnerin Yukie Togashi zeigen in ihrer weit aufgefächerten Anthologie kaum bekannter oder sogar gänzlich unbekannter Werke, wie sich Komponisten zu Beginn, also noch deutlich vor Mitte des 19. Jahrhunderts, die technische Neuerung vorsichtig zu eigen machten, wie die Virtuosität immer dominantere Züge annahm und wie schließlich das ventilbewehrte Blechblasinstrument ganz selbstverständlich aus allen chromatischen Tonbereichen schöpfte. Dabei bietet die Verwendung historischer Trompeten, Flügelhörner und Kornette eine riesige Farbpalette, die das Zuhören auch nach über zwei Stunden noch lohnenswert macht.
Ein weiterer Grund, zu dieser CD-Box zu greifen, ist das mit 100 eng bedruckten Seiten sehr umfangreiche Booklet, das mit vielen Abbildungen glänzt und zu dem Edward Tarr, einer der Lehrer von Krisztián Kováts, die wesentlichen Texte beigesteuert hat; musikwissenschaftlich fundiert, kurzweilig und hoch informativ. Lediglich hinsichtlich des Aufnahmeorts hätte man sich eine bessere Wahl, sprich: einen Konzertsaal vorstellen können, der das Können von Krisztián Kováts und Yukie Togashi akustisch noch besser abgebildet hätte.
Daniel Knödler